Am 25. und 26. Juni 2024 fand in Berlin die Konferenz „K5 – Future of Retail“ mit einem neuen Besucherrekord statt. Mehr als 4.000 Teilnehmer diskutierten die Herausforderungen und Trends, die die Zukunft des Onlinehandels prägen werden. Agnes Bührmann vom Beratungshaus Publicis Sapient war vor Ort und fasst für Etailment die zentralen Themen der K5 zusammen.
Nachdem die Veranstalter und Moderatoren der K5 Sven Rittau und Verena Schlüpmann im vergangenen Jahr mit „Into the Black“ den Fokus auf die Rückkehr in die Gewinnzone gelegt hatten, gab in diesem Jahr die Themenklammer „Into the Deep“ den Ton für die zwei Tage in Berlin an. Folgende Themen wurden in der Tiefe beleuchtet:
Das Wachstum ist zurück
Die E-Commerce-Branche befindet sich wieder auf einem langfristigen Wachstumspfad. Nachdem die stationären Geschäfte nach den pandemiebedingten Schließungen wieder geöffnet hatten, musste der Onlinehandel kurzfristig Umsatzeinbußen hinnehmen. Diese Phase ist überwunden.
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Gipfeltreffen der digitalen Handelsszene in Deutschland: Seit der ersten Veranstaltung 2011 hat sich die K5 zur führenden Branchenkonferenz im E-Commerce entwickelt.
Temu, Shein und Tiktok beschleunigen den Wandel
Der digitale Wandel ist unaufhaltsam und wird insbesondere durch den Markteintritt asiatischer Player wie Temu, Shein und perspektivisch Tiktok dominiert. Global gesehen ist diese Dominanz jedoch nicht neu. Der Branchenexperte Stefan Wenzel berichtete, dass mit dem E-Commerce-Marktführer Amazon nur einer der Top 5 weltweit nicht aus Asien kommt. Der Ökonom Professor Gerrit Heinemann betonte die langfristigen Wachstumsstrategien der asiatischen Akteure.
Bemerkenswert war der Einblick in die Strategie von Shein, den Christina Fontana, Senior Director, Brand Operations EMEA, gab: Während sie das EMEA-Geschäft von Mailand aus steuert, wird derzeit in Berlin ein neues Büro für den deutschen Markt aufgebaut. Auf die Frage nach den Margen bei den Niedrigpreisen merkte sie an, dass sich allein durch den Verzicht auf Lagerhaltung und den Wegfall von Kollektionsrabatten durch On-Demand-Supply 20 bis 40% im Vergleich zum klassischen Konzept einsparen ließen.
Strategien der etablierten Player
Die Neuen sind gekommen, um zu bleiben. Die Branche fragt sich daher, wie die lokalen Größen der Modebranche reagieren werden. Interessanterweise fallen die Antworten unterschiedlich aus. Tarek Müller, Co-Founder und Co-CEO von About You, erklärte, dass er künftig auf Direkteinkauf und Auftragsfertigung für Teile des Sortiments, die Eigenmarken, in der Türkei setzen wolle. Mit dem Spin-off Scayle wird zudem die ursprünglich für About You entwickelte Software erfolgreich monetarisiert.
David Schröder, Co-CEO von Zalando, betonte, dass der Markenfokus bestehen bleibe und eher die Prozesse und das Fullfilment als Dienstleistung angeboten werden sollen.
Auf der Konferenz wurde intensiv diskutiert, wie die E-Commerce-Branche generell auf die neue Konkurrenz reagieren sollte. Statt der „additiven Obsession“ zu folgen, die sich in den üblichen überladenen Produktseiten und komplexen Customer-Journeys widerspiegelt, empfahl Rupert Bodmeier, CEO und Co-Founder von Disrooptive.com, in seiner Keynote, subtraktiv zu denken und sich auf den wirklichen USP zu konzentrieren.
Zahlen zum B2B-Geschäft
Mit dem erstmals auf der K5 vertretenen B2B-Track wurde das Spektrum der Konferenz um einen wichtigen Wirtschaftsbereich erweitert. B2B-Akteure haben die gleichen Erwartungen wie Endverbraucher, z.B. an ein modernes und ansprechendes Kundenerlebnis.
Kai Hudetz, Geschäftsführer des IFH KÖLN, präsentierte beeindruckende Zahlen für das Jahr 2022: Vom gesamten B2B-Handelsumsatz in Deutschland in Höhe von knapp 1,7 Milliarden Euro entfiel ein Drittel auf den E-Commerce inkl. EDI. 15% wurden im B2B-Onlinehandel erwirtschaftet – das ist mehr als im B2C-Geschäft.
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Mit über 200 Ausstellern und mehr als 4.000 Teilnehmern stellte die K5 2024 einen neuen Besucherrekord auf.
Bisher stand vor allem die Effizienz im Vordergrund, Stichwort EDI. In Zukunft wird es auch im B2B-Bereich um die digitale Business-Transformation und die Schaffung einzigartiger Kundenerlebnisse gehen.
Fazit
Der Tenor der Beiträge und die Stimmung während der zwei intensiven Tage in Berlin spiegelten eine positive Perspektive wider. Das Wachstum ist zurück und die Branche sieht sich auf einem langfristigen Erfolgspfad.
Nach der strikten Fokussierung auf Profitabilität bot die diesjährige Konferenz ein inspirierendes Themenspektrum. Unter den traditionellen Eingangsthesen wurde die „Sehnsucht nach Zugehörigkeit als Chance“ von den Teilnehmern zum Sieger gekürt. Diese Sehnsucht kann nicht nur für Marken, sondern auch für den Handel relevant sein.
Das Fazit von Tarek Müller lautete: „Die Karten werden neu gemischt. Wahrheiten ändern sich, Supplier-Modelle ändern sich.“ Wir alle dürfen gespannt sein, welche Wahrheiten sich durchsetzen werden.