Nutzer erwarten online immer mehr Inhalte, die sie unterhalten und ihnen Marken und Produkte auf authentische Weise näherbringen. Für Marketer stellt die steigende Content-Nachfrage eine große Herausforderung dar. Welche Rolle von Nutzern erstellte Inhalte und die „Content-Supply-Chain“ dabei spielen, erklärt Achim Rosprich von Bazaarvoice, in diesem Gastbeitrag.
Täglich verbringen deutsche Verbraucher durchschnittlich fast fünfeinhalb Stunden ihrer Zeit online und konsumieren dort am laufenden Band Content jeglicher Art. Davon fließen allein eineinhalb Stunden in das Entdecken, Liken und Teilen von Inhalten in Sozialen Netzwerken. Dienten Social-Media-Plattformen ursprünglich dazu, sich mit Freunden, Familienmitgliedern und Gleichgesinnten zu vernetzen, sind die virtuellen Treffpunkte vom sozialen Raum zu einem regelrechten Marktplatz avanciert
(Online-)Händler nutzen sie als Werbeflächen, stellen hier ihre neuesten Produkte vor und animieren interessierte Nutzer zum Einkauf. So haben 97% der Verbraucher bereits etwas über die Sozialen Medien gekauft – ein enormes Potenzial.

© IMAGO / Zoonar
Kunden teilen gerne ihre Meinung zu Produkten auf ihren Social-Media-Kanälen. Dies sollten sich Händler und Marken zunutze machen.
Dafür stehen den jeweiligen Plattformen unterschiedliche Shopping- und Discovery-Funktionen zur Verfügung. Mit Facebook Shops erstellen Marken ein „Online-Schaufenster“, wo Interessierte Produkte durchstöbern und direkt kaufen können. Hier lassen sich bestimmte Artikel sowie Kundenstimmen in Form von Bewertungen und Bildern besonders in Szene setzen.
Social Commerce: Der „Gamechanger“ im Marketing
Auf Instagram können Unternehmen ihre Produkte in beinahe jedem Format „taggen“. Sprich: Über einen Link im Reel oder in der Story leiten sie Nutzer direkt zur Produktseite („Shoppable Content“). Instagram Checkout umgeht diesen Medienbruch, da diese Funktion den Direktkauf auf Instagram zulässt. TikTok Shop und Live-Shopping-Anzeigen bieten ebenfalls Raum für interessante und kreative Shopping-Inhalte im Kurzvideoformat. Neben den klassischen Kanälen sollten Social-Media-Plattformen demnach wesentlicher Bestandteil der Digital-Marketing-Strategie sein.
Durch diese Entwicklung haben sich die Verbrauchererwartungen jedoch grundlegend verändert, was Marketer vor eine große Herausforderung stellt. Zum einen wächst der Bedarf an relevantem Content stetig an – egal wann und wo Nutzer ihn konsumieren. Zum anderen wollen sie diesen Content nicht nur anschauen, sondern von ihm unterhalten werden. Folglich müssen Marketer über sämtliche Kanäle hinweg – von Paid und Owned bis hin zu Earned und Shared – qualitativ hochwertige Inhalte zusammenstellen.
Dieser Content-Mix setzt sich idealerweise zu gleichen Teilen aus Branded- und User-Generated Content (UGC) zusammen. Um den wachsenden Anforderungen auch entsprechen zu können, brauchen Händler und Marken eine starke Content-Supply-Chain-Strategie.
Die Content-Supply-Chain
Was genau ist eine Content-Supply-Chain? Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, reicht ein Blick auf die klassische Supply-Chain, die den Weg von den Rohmaterialien über die Produktherstellung bis hin zum Verkauf des Endprodukts beschreibt. Ziel ist es, Angebot und Nachfrage permanent zu optimieren.
Eine Content-Supply-Chain funktioniert ähnlich: Die optimale Planung, Kreation, Kuration und Verbreitung der Inhalte stehen hier im Mittelpunkt. Sie stellt sicher, dass hochwertiger Content kanalübergreifend und zur richtigen Zeit an die jeweiligen Zielgruppen ausgespielt wird.
Ein weiterer Vorteil: Sie schließt ebenfalls die weiterhin von vielen (Online-)Händlern vernachlässigten Earned-Medien mit ein. Dabei handelt es sich um markenbezogenen Content, den Kunden und Verbraucher eigenmächtig kreieren und verbreiten. Sie werden dadurch quasi selbst zum Marketing-Kanal.
Die Bedeutung von nutzergenerierten Inhalten
Warum ist dieser Kanal so wichtig? Bislang lag der Fokus des Marketings auf Branded-Content. Obwohl dieser weiterhin wichtig ist, vermissen Nutzer bei professionell erstellten Inhalten oftmals die Authentizität. Vielmehr möchte die Mehrheit der Verbraucher mit Reviews, Bildern und Videos von gleichgesinnten Shoppern interagieren, die die Produkte „in Aktion“ zeigen.
In der Regel finden Verbraucher einen Weg, ihre Meinung zu einem gekauften Artikel mit anderen zu teilen – zum Beispiel, indem Sie eine Rezension im Onlineshop hinterlassen oder Bilder in den Sozialen Medien teilen. Marken sollten jedoch nicht davor zurückschrecken, ihre Kunden proaktiv darum zu bitten.
Zum Beispiel lässt sich ein solcher Review-Aufruf wunderbar in einer Mail oder in einem Instagram-Post verpacken. Rabattgutscheine oder ein Sampling-Programm, bei dem Verbraucher auf Anmeldung hin kostenlose Proben erhalten und im Gegenzug Inhalte erstellen, können ebenfalls überzeugende Anreize sein.

© IMAGO / imagebroker
Einkaufserlebnisse – von der Entdeckung von Produkten über die Recherche bis zum Kauf – verlagern sich immer häufiger in die Sozialen Medien.
Content von Kunden und Influencern fördert das Vertrauen
Das Potenzial von UGC sollte keine Marke außer Acht lassen: Sowohl organischer Content von Freunden und Familienmitgliedern als auch bezahlte Inhalte von Influencern fördern nicht nur das Vertrauen in ein Unternehmen, sondern können die Conversion-Rate um bis zu 144% steigern.
Laut des Shopper Experience Index 2022 von Bazaarvoice würden 40% der Befragten ein Produkt über eine Werbeanzeige kaufen, wenn diese eine Kundenrezension oder Kundenfotos beinhaltet. Aufgrund der geringeren Ausgaben verspricht UGC im Vergleich zu klassischen Maßnahmen einen hohen ROI, der bei einigen Unternehmen bis zu 400% erreicht hat.
Sobald aktive Kunden ihre positiven (oder auch negativen) Erfahrungen mit einer Marke und ihren Produkten teilen, entsteht ein konstanter Fluss an frischen, authentischen Inhalten, die die Marketing-Abteilung über mehrere Kanäle ausspielen kann. In den Sozialen Netzwerken interagieren Marken idealerweise mit den von Nutzern geposteten Inhalten, indem sie sie liken, teilen und kommentieren. Das kurbelt den Algorithmus an, wodurch sich die Reichweite potenziell erhöht. UGC lässt sich zudem für Testimonial-Anzeigen verwenden, in einer eigenen Website-Galerie präsentieren oder in das E-Mail-Marketing einbinden.
Eine robuste Content-Supply-Chain aufbauen
Sobald (Online-)Händler Earned-Kanäle und UGC in ihre Digital-Marketing-Strategie aufgenommen und bereits die ersten Inhalte gesammelt haben, geht es in den nächsten Schritten darum, die Content-Supply-Chain zu optimieren.
Schließlich soll sie dafür sorgen, dass große Mengen von Inhalten kanalübergreifend an ein breites Publikum ausgespielt werden. Daher sollten Marketer sämtliche Inhalte über eine zentrale Plattform sammeln und verwalten. Darüber können sie nicht nur redundante Inhalte schnell identifizieren und entfernen, um eine hohe Qualität zu wahren, sondern auch datenschutzrelevante Prozesse einrichten. Außerdem lässt sich eine solche Plattform in der Regel mit weiteren Lösungen wie SEO-, Social-Commerce-, Analytics- oder Reporting-Tools verbinden.
Bevor sie den Content veröffentlichen, sollten sich Marketers der Inhalte genau annehmen und sie entsprechend ihrer Kanäle anpassen. Dadurch sorgen sie für eine ansprechende Nutzerfahrung, auf die Verbraucher mittlerweile sehr viel Wert legen. 98% achten nämlich vielmehr darauf als auf den Preis.
Bei der Content-Moderation zählen Transparenz und Authentizität
Allerdings dürfen Händler und Marken dabei weder die Richtlinien der jeweiligen Social-Media-Plattform noch ihre eigenen Content-Richtlinien vernachlässigen. Auch UGC muss sich an bestimmte Regeln halten, was eine Moderation und Pflege der geteilten Inhalte unerlässlich macht. So können Mitarbeiter mithilfe passender Tools UGC vor bzw. nach der Veröffentlichung sichten und ihn freigeben, editieren oder löschen. Eine KI-basierte Lösung würde diese Aufgabe automatisiert umsetzen.
Zudem sollten sich Marken aktiv um Inhalte kümmern, die von anderen Nutzern gemeldet werden. Das bedeutet jedoch nicht, dass Marketers zum Beispiel negative Bewertungen kommentarlos entfernen oder Fake-Content erstellen sollten – ganz im Gegenteil. Beides gilt bei Verbrauchern als nicht authentisch und suspekt und kann dazu führen, dass sie sich komplett abwenden. Neben Authentizität schließt Content-Moderation ebenfalls das Thema Transparenz mit ein. Bezahlte Inhalte sowie UGC von verifizierten Nutzern oder Mitarbeitern gilt es kenntlich zu machen.
Ziel der Content-Supply-Chain ist es, die gesammelten Inhalte kanalübergreifend und zum perfekten Zeitpunkt auf viele Bildschirme zu bringen, um so viele potenzielle Käufer wie möglich zu erreichen. Am besten funktioniert das mit Content-Syndication. Dabei werden Inhalte mehrfach verwendet und über verschiedene Kanäle und Websites veröffentlicht. Das steigert nicht nur die Reichweite, sondern auch die Conversion-Rate und den Umsatz.
Fazit
Kunden teilen gerne ihre Meinung zu den Produkten, die sie gekauft haben, auf ihren Social-Media-Kanälen. Dies sollten sich Händler und Marken zunutze machen. Mithilfe von UGC können sie einerseits dem steigenden Content-Bedarf im Internet begegnen. Andererseits geben sie ihren Kunden eine Stimme und wirken dadurch authentischer. Eine solide Content-Supply-Chain hilft dabei, eine gesunde Mischung aus Marken- und von Nutzern erstellten Inhalten zusammenzustellen, zu kuratieren und zu veröffentlichen. Je authentischer und nahbarer die Inhalte, desto höher ist die Kauffreude in den Sozialen Medien.