In fünf Monaten startet die Entwaldungsfrei-Verordnung (EUDR). Die EU-Richtlinie betrifft vor allem die Industrie, aber auch den Handel. Für welche Unternehmen und Produkte gilt sie, welche Rohstoffe könnten künftig dazu kommen? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Der Name der EU-Entwaldungsordnung, der vermuten lässt, dass nur holzbasierte Produkte betroffen sind, darf nicht wörtlich genommen werden. Tatsächlich sind deutlich mehr Produkte betroffen – bis hin zu Förderbändern.
Was sind die Ziele der EU-Entwaldungsverordnung?
Gemäß Art. 1 regelt die EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) den Export aus und den Import in die EU sowie das Bereitstellen auf dem Markt von relevanten Rohstoffen oder Erzeugnissen in der EU, die zur weltweiten Entwaldung oder Waldschädigung beitragen können. Geltungsbeginn dieser Regulierung für Unternehmen ist der 30. Dezember 2024.
Neben dem konkreten Schutz des Waldes vor Entwaldung oder Schädigung spielen hierbei insbesondere die damit verbundene Reduktion von Treibhausgasen sowie das Stoppen der stetig sinkenden Biodiversität eine Rolle. Außerdem geht es auch um den Schutz von Menschenrechten. Dies stellt die grundlegenden Ziele der Verordnung dar und auch der sachliche Anwendungsbereich lässt sich daraus ableiten.
Was sind relevante Rohstoffe und Erzeugnisse?
Der sachliche Anwendungsbereich gemäß Art. 1 der EUDR ist eröffnet, wenn relevante Rohstoffe oder Erzeugnisse angeboten, in Verkehr gebracht oder exportiert werden. Zu den relevanten Rohstoffen zählen neben Holz auch Rinder, Kakao, Kaffee, Ölpalmen, Soja und Kautschuk.
Dies sind die sieben Rohstoffe, deren Verbrauch in der Europäischen Union den größten Einfluss auf die weltweite Entwaldung hat. Im Rahmen einer Studie wurden dabei konkret folgende prozentuale Anteile an der Entwaldung ausgemacht: 34 Prozent Ölpalme, 32,8 Prozent Soja, 8,6 Prozent Holz, 7,5 Prozent Kakao, 7,0 Prozent Kaffee, 5,0 Prozent Rinder sowie 3,4 Prozent Kautschuk.
In Abgrenzung zu relevanten Rohstoffen, handelt es sich bei relevanten Erzeugnissen um Produkte, die relevante Rohstoffe beinhalten, die unter deren Nutzung produziert wurden oder aber mit relevanten Rohstoffen gefüttert wurden. Konkretisiert werden diese Erzeugnisse in Anhang I der Verordnung, der eine (zunächst) abschließende Liste aller Erzeugnisse, die unter die Verordnung fallen, darstellt.
Was sind das konkret für Produkte?
Im Anhang I wird den einzelnen Rohstoffen eine Auflistung relevanter Erzeugnisse zugeordnet. Beim relevanten Rohstoff Rinder sind beispielsweise lebende Rinder, deren Fleisch, aber auch Leder und Felle aufgeführt. Für Kakao werden Kakaobohnen, Kakaopulver, aber auch Schokolade oder kakaohaltige Lebensmittel angeführt. Betrachtet man den Rohstoff Kautschuk, finden sich neben Naturkautschuk auch Produkte wie Förderbänder, Treibriemen, Luftreifen und -schläuche.
Ähnlich komplex und vielfältig sind die relevanten Erzeugnisse, die sich aus der Ölpalme, Kaffee, Soja und Holz ergeben. Zu den relevanten Erzeugnissen, die aus zuvor genannten Rohstoffen bestehen, gehören ausdrücklich auch Holzkohle, Druckerzeugnisse und ausgewählte Palmölderivate. Insgesamt sind es 71 relevante Erzeugnisse, die anzahlmäßig ihren Schwerpunkt bei auf Holz basierenden Produkten finden.
Was bedeutet das „ex“ in der Produktliste in Anhang I?
Das in Anhang I vor der Kodierung einiger Produkte stehende „ex“ steht für „Auszug“, was wiederum bedeutet, dass die in der Anlage angeführten Rohstoffe zu einer zolltariflichen Gruppe gehören, hier aber nur ein konkreter Auszug aus dieser Gruppe und nicht die ganze Gruppe in den Anwendungsbereich fällt. Als Beispiel kann „ex 9401“ genannt werden. Diese Gruppe umfasst grundsätzlich Sitzmöbel. In den Anwendungsbereich fallen sollen aber nur solche Sitzmöbel, die aus Holz hergestellt wurden.
Was zählt nicht zu den relevanten Rohstoffen?
Ausdrücklich nicht zu den relevanten Rohstoffen oder Erzeugnissen gehören Produkte, die zwar relevante Rohstoffe enthalten, nicht aber ausdrücklich in Anhang I aufgeführt sind. Als Beispiel kann hier Seife angeführt werden, die Palmöl enthalten kann und dennoch nicht unter die EUDR fällt. Anders verhält es sich bei Schokolade, die ein verarbeitetes Produkt auf Basis des relevanten Rohstoffs Kakao ist. Sie steht aber als relevantes Erzeugnis ausdrücklich in Anhang I und unterfällt somit den Regelungen der EUDR.
Ab welchen Mengen muss ich die EUDR umsetzen?
Die Tragweite der EU-Entwaldungsverordnung wird dadurch verstärkt, dass die EUDR komplett auf Schwellenwerte oder Mindestmengen verzichtet.
Ist die Liste der relevanten Rohstoffe und Produkte abschließend geklärt?
Jein. Zum Geltungsbeginn Ende des Jahres sind die Vorgaben zunächst abschließend geklärt. Art. 34 der EUDR sieht allerdings vor, dass die Europäische Kommission regelmäßig (erstmals spätestens am 30. Juni 2025) prüft, ob der Anwendungsbereich der Verordnung, also insbesondere relevante Rohstoffe und/oder Erzeugnisse aus diesen, zu erweitern ist. Genannt werden im Verordnungstext bereits Mais und Biokraftstoffe als potenzielle Anwärter zur Aufnahme in Anhang I.
Neben der Erweiterung der in den Anwendungsbereich fallenden Rohstoffe wird in Erwägungsgrund 82 auch in Betracht gezogen, den Anwendungsbereich der EUDR auf weitere natürliche Ökosysteme auszuweiten, etwa auf Grünland, Torf- oder Feuchtgebiete.
Was fällt nicht unter die EUDR?
Nicht in den Anwendungsbereich der EUDR fallen ausdrücklich gebrauchte Rohstoffe und solche Erzeugnisse, die das Ende ihres Lebenszyklus erreicht haben und als Abfall einzustufen sind. Dies ist ganz im Sinne der Nachhaltigkeit und fördert das unternehmerseitige in Betracht ziehen von Recycling, Zweitverwertung und Kreislaufwirtschaft.
Zu beachten ist dabei allerdings, dass diese Sonderregelung ausdrücklich auf Produkte Anwendung findet, die gänzlich aus recyceltem Material bestehen. Sobald eine Mischung mit anderen unter die EUDR fallenden Rohstoffen stattfindet, findet diese doch Anwendung.
Außerdem sind vom sachlichen Anwendungsbereich der Verordnung Unternehmen ausgeschlossen, die zwar relevante Rohstoffe oder Erzeugnisse verarbeiten, deren Endprodukt sodann aber nicht mehr unter die relevanten Erzeugnisse gemäß Anhang I der Verordnung zu subsumieren ist. Das gilt etwa für Cafés oder Bäckereien, die ihren Kundinnen und Kunden Gebäck anbieten, das mit Kakao bestreut ist. Kakaopulver selbst ist ein Erzeugnis gemäß Anhang I. Die Bäckerei unterliegt dennoch nicht der EUDR als bereitstellender Händler im Sinne der EUDR, weil Gebäckstücke (egal ob mit oder ohne Kakao) nicht in der Anlage I zu finden sind.
Für welche Unternehmen ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie von der EUDR betroffen sind?
Insbesondere Unternehmen aus nachfolgenden Bereichen sollten ein Augenmerk auf die gesetzliche
Neuregelung haben:
- Fleisch- und Futtermittelunternehmen;
- Mit Leder handelnde Unternehmen;
- Die Lebensmittel- und Süßwarenindustrie (insbesondere Kaffee,
- Kakao und Schokolade);
- Die Bau- und Möbelindustrie;
- Unternehmen, die mit Brennholz und Kohle handeln;
- Papierhändler und damit einhergehend auch die Verpackungsindustrie.
Darüber hinaus fallen auch Verlage und Buchhändler in den Anwendungsbereich der Verordnung, ferner sind die Branchen Maschinenbau, die Autoindustrie, aber auch die Chemieindustrie betroffen.
Auf konkrete Unternehmenstätigkeiten bezogen, können somit Unternehmen betroffen sein, die …
- in der EU ansässig sind und hier relevante Produkte verarbeiten, beispielsweise Kakaobohnen;
- nicht in der EU ansässig sind und die relevante Rohstoffe in der EU in Verkehr bringen, beispielsweise Palmöl;
- in der EU ansässig sind und relevante Rohstoffe innerhalb der EU verarbeiten und in Verkehr bringen, z. B. ein Holzproduzent aus Bayern.
Was sollten Unternehmen tun?
Für Unternehmen gilt es, die Eröffnung des sachlichen Anwendungsbereichs bezüglich der relevanten Rohstoffe und Erzeugnisse genau zu prüfen, dabei regelmäßig auch etwaige Aktualisierungen von Anhang I im Blick zu behalten. Ist ein vom Unternehmen in der EU in Verkehr gebrachter, exportierter oder auf dem Markt bereitgestellter Rohstoff oder ein Endprodukt dort zu finden, gilt es, sich im Detail mit den Anforderungen der Verordnung auseinanderzusetzen.
Diese regelt im Kern, dass nur solche relevanten Rohstoffe und Erzeugnisse in der EU in Verkehr gebracht, aus dieser ausgeführt oder auf dem Markt angeboten werden dürfen:
- die entwaldungsfrei sind,
- deren Erzeugung in Übereinstimmung mit den im Erzeugerland geltenden Vorschriften stattgefunden hat und
- die über eine Sorgfaltserklärung im Sinne der EUDR verfügen.
Voranstehende Anforderungen sind kumulativ zu betrachten, das heißt ohne Sicherstellung der Entwaldungsfreiheit kein Inverkehrbringen, Export oder Anbieten auf dem Markt. Bei Verstoß gegen nationale Regelungen im Land, in dem das Produkt erzeugt wurde, ist ein Inverkehrbringen und ein Anbieten auf dem europäischen Markt untersagt. Gleiches gilt, wenn keine Abgabe einer Sorgfaltserklärung erfolgte. In diesen Fällen kann der Rohstoff oder das Erzeugnis nicht legal in den Verkehr gebracht werden.
Dieser Text erschien zuerst auf www.how-green-works.de.