Die Kühlkette zählt im E-Food-Bereich zu den entscheidenden Erfolgsfaktoren, wird jedoch von vielen Anbietern noch immer unterschätzt. Für Händler geht es nicht nur um Gesetzeskonformität und die Wahrung des Markenimages, sondern auch um langfristige Profitabilität, schreibt E-Food-Experte Matthias Schu aus dem Etailment.de-Expertenrat.
Die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben sowie hohe Ansprüche an Frische und Qualität sind für E-Food-Händler längst zu einem Standard – respektive auch Differenzierungsmerkmal – geworden. Und zu einem Profitabilitätsfaktor: Falsch dimensionierte oder ineffizient geplante Kühllösungen verursachen hohe Kosten, während vernachlässigte Kühlketten zu Ausschuss und Kundenverlust führen. Eine solide Kühlketten-Strategie für die letzte Meile ist daher kein Nice-to-have, sondern eine zentrale Stellschraube, um im Online-Lebensmittelhandel nachhaltig erfolgreich zu sein.
Wie gekühlt wird – Ansätze der letzten Meile im Vergleich
Grundsätzlich unterscheidet man zwei Ansätze, um die vorgeschriebenen Temperaturbereiche (Chilled/Fresh und Frozen für kühlpflichtige Produkte) auf der letzten Meile zu halten: Aktive Kühlung und Passive Kühlung.
Bei der aktiven Kühlung besitzen Fahrzeuge ein eingebautes Kühlaggregat, das eine kontinuierliche Kühlung im Laderaum gewährleistet.
Auf Grund des Energieverbrauchs ist diese Kühlung primär bei konventionellen Verbrenner-Fahrzeugen im Einsatz. Zudem wird heute im B2C-Auslieferbereich auf der letzten Meile bei aktiv gekühlten Fahrzeugen meist noch eine Zonentrennung in Chilled und Frozen vorgenommen. Die Tiefkühlprodukte werden dann aus der separaten Zone erst an der Türe des Kunden entnommen und übergeben.
Bei der passiven Kühlung kommen konventionelle Fahrzeuge ohne Kühlaggregat zum Einsatz. Die Kühlung der Ware erfolgt in insolierten Transportboxen, die mit wiederverwendbaren Kühlelementen oder Trockeneis die geforderten Temperaturbereiche gewährleisten.
Mit diesem Vorgehen lassen sich mit Boxen beliebige Temperaturzonen pro Fahrzeug realisieren. Des Weiteren eröffnet die passive Kühlung auch die Möglichkeit der Nutzung von alternativen Antriebsmethoden wie Elektromobilität, für die eine aktive Kühlung auf Grund des Stromverbrauchs und der Batterieleistung derzeit kaum mit zufriedenstellenden Reichweiten umsetzbar ist.
Durch Nutzung von passiven Kühloptionen kann zudem die Beschaffung von speziell ausgebauten, teureren Fahrzeugen umgangen und so auch allfällige Komplexität im Fuhrpark verringert werden.
Aktive und passive Kühlboxen gibt es von einer Reihe von von Firmen, etwa von Va-Q-tec, Bito und Utz. Im Folgenden sollen die Optionen der passiven Kühlmöglichkeiten im E-Food anhand der Produkte von Va-Q-tec näher beleuchtet werden
Passive Kühloptionen im Vergleich
Die passive Kühlung bietet Online-Lebensmittelhändlern eine attraktive Alternative zu aktiven Kühlfahrzeugen, da sie unabhängig von externen Energiequellen funktioniert und auch bei häufigen Stopps eine stabile Temperatur garantiert. In der Praxis sind drei Ansätze vorfindbar:
- konventionelle Boxen mit Trockeneis,
- konventionelle Boxen mit mehreren Kühlakkus oder Gelpads,
- High-Performance-Boxen mit integriertem Akku.
Konventionelle Boxen mit Trockeneis
Trockeneis ist eine etablierte und äußerst effektive Methode, um verderbliche Lebensmittel während des Transports zu kühlen. Dies bei rascher Einsetzbarkeit und effektiver Kühlleistung, ohne zusätzlichen Strombedarf oder Vorkühlprozesse.

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Konventionelle Box mit Trockeneis
Sein besonderer Vorteil liegt darin, dass es bei –78,2 °C direkt vom festen in den gasförmigen Zustand übergeht, ohne dabei Rückstände zu hinterlassen. Dadurch bleibt die Ware kontinuierlich gekühlt, ohne Feuchtigkeit zu erzeugen, die empfindliche Produkte beeinträchtigen oder Packungen aufweichen könnte. Für den Transport von Frisch- und Tiefkühlwaren kommen dabei in der Regel konventionelle Thermoboxen zum Einsatz, zum Beispiel aus Polystyrol (Styropor).
Aufgrund der vergleichsweise einfachen Handhabung eignet sich Trockeneis besonders für Pilotprojekte oder für kleinere Volumina, bei denen die Investition in komplexere Lösungen noch nicht rentabel ist.
Das größte Manko bei der Verwendung von Trockeneis liegt jedoch in den überproportional steigenden Einkaufs- und Handlingkosten und dem aus Nachhaltigkeitssicht vergleichsweise schlechten CO2-Fussabdruck. Des weiteren sind spezielle Sicherheitsmassnahmen vorgeschrieben, um beispielsweise Kälteverbrennungen oder die CO2-Erstickungsgefahr bei unsachgemäßem Umgang zu verhindern.
Konventionelle Boxen mit Kühlakkus
Ein weiteres, bewährtes Standardverfahren setzt auf eine Vielzahl vorgekühlter Kühlakkus in klassischen Kühlboxen. Abhängig von der benötigten Kühlzeit können pro Box bis zu sieben Akkus zum Einsatz kommen. Diese werden vorher tiefgefroren und halten während des Transports die Temperatur stabil.

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Konventionelle Box mit Kühlakkus
Ihr größter Vorteil liegt in der Flexibilität und Wiederverwendbarkeit: Da Kühlakkus in verschiedenen Grössen und Formen verfügbar sind, lassen sie sich leicht an unterschiedliche Transportbehälter und Produkte anpassen.
Als Nachteile können die Vorlaufzeit (Vorkühlung der Akkus) und die erforderliche Infrastruktur (Kühl- und Gefrierkammern) angeführt werden. Diese bedeuten einen kontinuierlichen Aufwand, der sich nur ab mittleren bis größeren Versandmengen rentiert. Zudem besteht durch lose in die Box gelegte Akkus und Gelpads die Gefahr des so genannten Unterkühlens der Produkte durch direkten Kontakt der Ware mit dem Kühlelement.
High-Performance-Boxen mit integriertem Akku
Am Markt erhältliche High-Performance-Lösungen setzen auf eine vakuumisolierte Box, in deren Deckel bereits ein Hochleistungsakku integriert ist. Sie geht deutlich über herkömmliche Varianten hinaus und überzeugt durch gesteigerte Kühlleistung und höhere Effizienz.

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High-Performance-Box mit Akku
Möglich wird dies durch ein speziell entwickeltes Phasenwechselmaterial (Phase Change Material, PCM), das die Temperatur stabil über bis zu 24 Stunden halten kann. Dank der hocheffektiven Vakuumisolationspaneele (VIPs) genügt sogar im Tiefkühlbereich ein einziger Akku pro Box.
Einziges Manko bei dieser Lösung sind die höheren Anschaffungskosten im Vergleich zu den beiden anderen Lösungen.
Wirtschaftlichkeit: Passive Kühllösungen im Vergleich
Die Gesamtkosten einer Lösung (engl. Total Expenses, TOTEX = CAPEX + OPEX) sind für viele Händler der Schlüssel zur Entscheidung. Während Trockeneis und konventionelle Akkus bei den Investitionen geringere Einstiegshürden haben, liegen deren laufende Kosten über mehrere Jahre oft erheblich höher:
- Trockeneis: Niedriger CAPEX, aber hohe OPEX durch steten Einkauf des Kühlmediums.
- Mehrere Akkus: Moderater CAPEX, mittlere OPEX (viele Akkus, hoher Energie- und Personalaufwand).
- Vakuumisolierte High-Performance-Lösung: Höherer CAPEX, jedoch deutlich geringere OPEX (weniger Akkus, weniger Energie). Laut Whitepaper kann sich dieses System – je nach Einsatzszenario – bereits nach einem bis dreieinhalb Jahren amortisieren und anschliessend spürbare Kostenvorteile liefern.
Gerade im wachsenden E-Grocery-Geschäft sind Skalierungseffekte entscheidend: Wer die Ausgaben für Kühlung pro ausgelieferter Einheit signifikant senken kann, erhöht die Marge oder hat Spielraum für attraktivere Lieferentgelte.
CAPEX versus OPEX: Ein Rechenbeispiel
Ein Händler mit fünf Standorten benötigt 50.000 Kühlboxen für die Einführung eines Home-Delivery-Services – davon 10’000 für Tiefkühl- und 40.000 für Frischeprodukte, jeweils mit einer Temperaturhaltedauer von acht bis zwölf Stunden. Da die Auslieferung einmal täglich erfolgt, werden pro Box rund 300 Einsätze im Jahr eingeplant. Müssen Akkus vorgekühlt werden, dauert dies je nach Temperaturbereich zwischen 12 und 24 Stunden.
Bei der Berechnung werden gleiche Außenmaße und Innenvolumina für alle Boxen angenommen, ohne zusätzliche Kosten wie etwa Verzinsung für Kapital, Mitarbeiter- und Sicherheitsschulungen oder bauliche Maßnahmen. Mögliche Nutzlast-Einschränkungen durch das Gewicht der Boxen sind ebenfalls nicht berücksichtigt.
Die so entstehenden Kosten pro Kühllösung zeigt die folgende Abbildung:

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E-Grocery-Use-Case: High-Performance-Boxen bei Albert Heijn
Ein gutes Beispiel für den Einsatz von passiven High-Performance-Kühllösungen findet sich in den Niederlanden: Hier setzt die zur Ahold Delhaize Group gehörende Supermarktkette Albert Heijn bei der Hauszustellung auf vakuumisolierte Mehrwegboxen von Va-Q-tec aus Deutschland. Anstelle von aktiv gekühlten Fahrzeugen oder Trockeneis kommen passiv gekühlte Boxen samt Spezial-Akkus (PCMs) zum Einsatz, was die Lieferungen umweltfreundlicher und kosteneffizienter gestaltet. Rund 100.000 dieser Boxen halten die gewünschten Temperaturen über Stunden stabil – ohne externe Energiezufuhr. Das Ergebnis: 9.000 Tonnen CO2-Einsparung jährlich, vermiedener Verpackungsmüll und ein sichererer Umgang beim Verladen. Dieses Modell ermöglicht zudem eine schnelle Skalierung und Wiederverwendung der Transportbehälter, was Albert Heijns Nachhaltigkeitsziele spürbar unterstützt.
Fazit
Eine lückenlose Kühlkette ist im Online-Lebensmittelhandel unverzichtbar – sie erfüllt nicht nur gesetzliche Vorgaben, sondern prägt auch den entscheidenden Qualitäts- und Vertrauensfaktor aus Verbrauchersicht. Trockeneis kann den Einstieg erleichtern, ist aber bei steigenden Liefervolumina oft kostenintensiv und mit Nachhaltigkeits- sowie Gesundheitsrisiken bei falscher Handhabung verbunden.
Passive High-Performance-Kühllösungen (zum Beispiel mit VIP und PCM) reduzieren operativen Aufwand und amortisieren sich schnell – etwa in einem Jahr bei Tiefkühl- und innerhalb von rund dreieinhalb Jahren im Frischesegment. Wer rechtzeitig auf effiziente Kühltech-nologien setzt, gewinnt entscheidend an Wettbewerbsfähigkeit und Kundenvertrauen.