
Generationen-Marketing
von Michael Witzenleiter am 22. April 2025
Warum kaufen Millennials ihren Fernseher lieber am Desktop, während Gen Z dafür einfach das Smartphone zückt? Das Online-Verhalten der Generationen ist längst zur Meme-Vorlage geworden – für Händler aber eine zentrale Frage. Die Antwort weiß Michael Witzenleiter aus dem Etailment.de-Expertenrat.
Müssen Online-Händler ihren Shop anpassen, je nachdem, wie alt oder digital-affin die Zielgruppe ist? Die Antwort: Ja – aber nicht als Einheitslösung, sondern individuell entlang der Customer Journey.
Kaufentscheidungen basieren selten auf rein logischen Überlegungen. Stattdessen sind sie maßgeblich durch psychologische Prozesse beeinflusst: Emotionen, Erwartungen, Erinnerungen und Assoziationen spielen eine zentrale Rolle. Das Modell des Psychologen Daniel Kahneman bietet dafür einen hilfreichen Erklärungsansatz. Es unterscheidet zwei Arten des Denkens:
• System 1 ist schnell, intuitiv, emotional. Es trifft spontane Entscheidungen, nutzt Faustregeln und springt auf starke Reize an.
• System 2 ist langsam, reflektiert, rational. Es analysiert, vergleicht und wägt ab – braucht dafür aber auch mehr Zeit und Energie.
Im E-Commerce wirken beide Systeme gleichzeitig. Je nach Produkttyp, Situation und Nutzerprofil dominiert mal das eine, mal das andere. Eine gute Produktseite muss deshalb für beide Denkweisen funktionieren: Sie muss Vertrauen schaffen, Emotionen wecken und gleichzeitig faktenbasierte Orientierung bieten.
Generationenverhalten: Kontext zählt mehr als Klischees
Vergleicht man das Verhalten der Generationen, wird deutlich: Millennials neigen bei größeren Käufen dazu, sich intensiver zu informieren. Sie nutzen bevorzugt den Desktop, um technische Details zu vergleichen, Bewertungen zu lesen oder Alternativen zu prüfen. Das spricht für eine eher System-2-geprägte Herangehensweise.
„Ob Desktop oder Smartphone, Millennial oder Gen Z: Wer beides vereint – impulsfreundliche Gestaltung und faktenbasierte Tiefe – schafft ein Shopping, das wirkt.“
Gen Z hingegen ist mit dem Smartphone aufgewachsen. Sie kauft schneller, spontaner und kanalübergreifend – selbst bei größeren Anschaffungen. Vertrauen entsteht hier über Social Proof, schnelle Verfügbarkeit und intuitive Nutzerführung. Der Impuls steht oft vor der Analyse, das heißt: System 1 dominiert – ohne dass System 2 ganz ausgeschaltet wäre.Entscheidend ist dennoch nicht das Alter an sich, sondern der Nutzungskontext: Bin ich gerade unterwegs, inspiriert von einem Post auf Instagram? Oder nehme ich mir bewusst Zeit, um Preise und Features zu vergleichen?Mobile ist Alltag – und häufig der erste Touchpoint
Laut HDE-Online-Monitor 2024 wurden in Deutschland bereits 55 Prozent der Online-Umsätze über das Smartphone generiert. Dennoch wird Mobile UX oft nachrangig behandelt. Dabei ist sie in vielen Fällen der entscheidende Kontaktpunkt – sei es über Social Ads, Google Shopping oder organische Suche.Besonders für Gen Z ist das Smartphone nicht nur ein Tool, sondern ein verlängerter Teil der eigenen Realität. Shops, die hier keine nahtlose User Experience bieten, verlieren schnell Relevanz. Doch auch Millennials recherchieren mobil – selbst wenn der Kaufabschluss dann doch am großen Bildschirm erfolgt.PDPs müssen beides können: Impuls und Analyse
Produktdetailseiten (PDPs) sind oft die erste echte Schnittstelle zwischen Nutzer und Angebot. Hier entscheidet sich, ob ein Produkt Vertrauen erzeugt oder nicht. Um sowohl System 1 als auch System 2 anzusprechen, sollten PDPs folgende Kriterien erfüllen:• Klar strukturierte Inhalte: Akkordeon-Menüs, Bulletpoints, visuelle Anker.
• Relevante Fakten auf einen Blick: Verfügbarkeit, Lieferzeit, Preis, USPs.
• Emotionale Reize: Hochwertige Produktbilder, Lifestyle-Elemente, Bewertungen.
• Schnelle Ladezeiten und intuitive Navigation – besonders mobil.Je nach Produkttyp variiert der Fokus: Ein Kühlschrank profitiert von technischer Tiefe, ein Sneaker von starker Inszenierung.Wer Kaufentscheidungen versteht, optimiert ganz anders
Conversion-Optimierung beginnt mit dem Verständnis für die kognitiven Prozesse hinter dem Klick. Wer seine Nutzer nicht nur nach Gerät oder Altersgruppe segmentiert, sondern ihre Denk- und Entscheidungsweisen berücksichtigt, kann PDPs gezielt für unterschiedliche Motivationen gestalten.Ob Desktop oder Smartphone, Millennial oder Gen Z: Wer beides vereint – impulsfreundliche Gestaltung und faktenbasierte Tiefe – schafft ein Shopping, das wirkt.