KI spielt im Onlinehandel eine immer wichtigere Rolle – vor allem wenn es darum geht, Kunden bei ihrer Kaufentscheidung zur Seite zu stehen und die Beratung aus dem stationären Handel in die digitale Welt zu übertragen. Eine Methode ist das „Guided Selling“. Wie es das Einkaufserlebnis verbessert und den Umsatz steigern kann und wieso es dabei weit über den Einsatz von Chatbots hinaus geht, erklärt Felix Schirl, CEO der Trbo GmbH.
Beim Guided Selling („Verkaufsführung“) geht es vor allem darum, Kunden bei der Auswahl des richtigen Produkts zu unterstützen und sie durch den Kaufprozess zu leiten. Das kann durch interaktive Tools wie Chatbots oder auch Inpage-Fragebögen geschehen.
Die spezifischen Bedürfnisse der Kunden werden dadurch analysiert, und darauf basierend ergeben sich anschließend passende Produktempfehlungen. Das kann gerade bei umfangreichen oder komplexen Produktpaletten eine Erleichterung für die Nutzer sein. Guided Selling unterstützt bei der Kaufentscheidung und sorgt dadurch für eine bessere Kundenzufriedenheit.
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Digitale Verkaufsberater nehmen Onlinekunden beim Kaufprozess gewissermaßen an die Hand, indem sie die Suche präzise eingrenzen und nur passende Kaufvorschläge erzeugen.
Ein typisches Beispiel ist ein Beauty-Routine-Finder, der Kunden basierend auf ihrem Hauttyp und ihren Pflegebedürfnissen die passenden Produkte vorschlägt. Ebenso kann Guided Selling bei der Auswahl von Technologie-Produkten wie Handys oder Laptops, bei der Ernährungsberatung, bei Möbeln und bei Outdoor- oder Sportartikeln eingesetzt werden.
Chatbots sind der Einstieg
Zu den bekanntesten Werkzeugen des Guided Sellings gehören Chatbots. Sie interagieren nicht nur in Echtzeit mit dem Kunden, sie können zudem Fragen zu bestimmten Anliegen wie Status der Bestellung, Zahlungs- und Lieferungsinformationen oder Retouren beantworten und so den Kundenservice des Unternehmens entlasten. Moderne Chatbots verstehen nicht einfach nur Suchbegriffe, sie können auch Kontexte und Kundenbedürfnisse berücksichtigen.
Ein Beispiel: Ein Kunde sucht nach einem neuen Laptop, hat aber bisher nur vage Vorstellungen von den benötigten Funktionen. Ein Chatbot kann gezielte Fragen stellen, etwa zur beabsichtigten Nutzung oder zum Budget und auf Basis der Antworten eine passende Produktauswahl vorschlagen. Hier fungiert die KI als digitaler Berater und schafft ein individuelles Einkaufserlebnis.
Chatbots sind aber nur der Anfang. KI-gestütztes Guided Selling bietet weitaus mehr Möglichkeiten, um die Kundenbedürfnisse zu erfüllen.
Inpage-Berater: Interaktive Kaufberatung direkt auf der Produktseite
Neben Chatbots können Onlineshops auch auf Inpage-Berater zurückgreifen. Diese KI-Tools werden direkt auf der Website eingebunden und begleiten den Kunden mit einem Fragebogen durch den Entscheidungsprozess. Je mehr Fragen beantwortet werden, desto präziser werden die Ergebnisse. Am Ende erhält der Kunde nur noch die für ihn relevanten Artikel als Empfehlung.
Gerade für komplexe Produkte wie zum Beispiel Elektronikgeräte, Medikamente oder Sportgeräte bietet sich ein Inpage-Berater an. Basierend auf den Antworten des Nutzers werden die Produkte gefiltert, und das Risiko für einen Fehlkauf sinkt enorm. Die KI-gestützte Analyse der Informationen ermöglicht es, die Produktauswahl optimal an die Bedürfnisse des Kunden anzupassen.
Damit es sich für den Kunden nicht nur um ein langweiliges Fragen-Antworten-Spiel handelt, ist es wichtig, ihn von vornherein darauf vorzubereiten, wie viele Fragen es zu beantworten gibt oder mit einem Fortschrittsbalken zu arbeiten. So kann er jederzeit sehen, wie weit er schon im Beratungsprozess ist. Das führt zu deutlich höheren Abschlussquote des Fragebogens und somit auch zu einer besseren Nutzererfahrung.
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Inpage-Berater begleiten Kunden mit einem Fragebogen durch den Suchprozess und filtern die gezeigten Produkte basierend auf den Antworten.
Durch diese Form des Guided Selling kann Frustration beim Kunden reduziert werden, da er nicht stundenlang durch unzählige Produktseiten scrollen muss, sondern innerhalb weniger Minuten passende Produkte angezeigt bekommt.
Personalisierte Empfehlungen durch KI-basierte Algorithmen
Neben Chatbots und Inpage-Beratern spielt die Personalisierung im Guided Selling eine entscheidende Rolle. KI-Algorithmen analysieren dabei das Verhalten des Nutzers, die Kaufhistorie, das Surfverhalten und noch zahlreiche andere Anhaltspunkte, um maßgeschneiderte Produktempfehlungen zu generieren. Diese gehen weit über klassische “Andere Kunden kauften auch”-Empfehlungen hinaus und können überall in der Customer-Journey platziert werden. Ganz egal ob auf der Startseite, auf Produktdetailseiten oder sogar im Warenkorb.
Die Algorithmen erkennen die Vorlieben der Kunden – sei es beispielsweise für bestimmte Marken oder gewisse Kleidungsstile. Außerdem können dank der KI schnell Veränderungen im Verhalten erkannt und in Echtzeit darauf reagiert werden. Zudem werden Informationen aus dem Guided-Selling-Prozess – also zum Beispiel aus dem Gespräch mit dem Chatbot oder aus dem Fragebogen des Inpage-Beraters – an den Personalisierungs-Algorithmus weitergegeben.
So kann dem Kunden bei jedem Besuch immer das Passende vorgeschlagen werden. Er fühlt sich verstanden, muss nicht ewig im Produktportfolio stöbern und kehrt immer wieder gerne zurück in den Onlineshop.
Das Potenzial voll ausschöpfen
Gerade zu Saisonhöhepunkten wie Halloween, Black Friday oder Weihnachten kann Guided Selling den Umsatz in die Höhe treiben. Durch die begrenzten Angebote ist der Druck bei den Kunden, schnell etwas zu finden, besonders hoch. Da kommt Unterstützung vielen gelegen.
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Guided Selling zeigt nicht nur personalisierte Empfehlungen, es unterstützt zudem bei der Entscheidungsfindung, kann Ratschläge geben und ist einem Verkäufer im stationären Handel nahezu gleich. Durch passende Cross- und Upselling-Empfehlungen werden dem Kunden zusätzliche oder sogar hochwertigere Produkte schmackhaft gemacht, und der Warenkorbwert steigt. Guided Selling kann also nicht nur die Kundenzufriedenheit steigern, es kann auch den Umsatz positiv beeinflussen.
Beispiel Klarna
Guided Selling mittels KI ist ein Schlüsselfaktor, um die Kaufentscheidungen im E-Commerce zu erleichtern und gleichzeitig die Kundenzufriedenheit zu erhöhen. Von Chatbots über Inpage-Berater bis hin zu maßgeschneiderten Empfehlungen – die Vielfalt der künstlichen Intelligenz ermöglicht es, Kunden individuell und effizient zu betreuen.
Für Onlinehändler bietet sich hier eine große Chance: Mit den richtigen KI-gestützten Tools können sie nicht nur die Conversion-Rate steigern, sondern auch die Bindung zu ihren Kunden stärken. Ein Beispiel dafür ist der KI-Assistent von Klarna, der nach einem Monat schon zwei Drittel aller Kundendienstgespräche abwickelte. Die Kunden von Klarna bekommen dank des Chatbots nicht nur schneller eine Antwort, auch der Kundenservice kann nun effizienter an komplexeren Anfragen arbeiten.