Waren werden genutzt und dann retourniert, leere Kartons zurückgesendet, Rabatte durch wiederholte Käufe und Retouren mehrfach in Anspruch genommen – unredliche Kunden lassen sich einiges einfallen, bis hin zum organisierten Rückerstattungsbetrug. Hinter jeder zehnten Online-Retoure steckt eine Betrugsabsicht, schätzt der amerikanische Handelsverband National Retail Federation (NRF). Doch Händler sind dagegen nicht wehrlos. Der Anbieter von Post-Purchase-Software Parcellab hat zehn Maßnahmen gegen Retourenbetrug zusammengestellt.
1,3 Milliarden Artikel aus Online-Bestellungen werden jedes Jahr retourniert, errechnete die Forschungsgruppe Retourenmanagement bereits 2022. Das allein ist für Online-Händler schon ärgerlich und kostspielig. Doch es wird noch schlimmer. Denn der US-Handelsverband National Retail Federation geht davon aus, dass rund jede zehnte Retoure betrügerisch ist.
Das bedeutet: Waren werden entweder kurz genutzt und dann zurückgeschickt („Wardrobing“ oder Kleiderschrank-Betrug), es werden gestohlene Waren retourniert, leere Kartons zurückgesendet, Rabatte oder Cashbacks durch wiederholte Käufe und Retouren mehrfach in Anspruch genommen, die Autorisierung der Zahlung nach Erhalt der Ware bestritten oder online bei zweifelhaften Anbietern gekauft und die Ware dann in regulären Geschäften retourniert.
© IMAGO / Michael Gstettenbauer
Retouren sind im Onlinehandel unvermeidlich, wenn dann noch Betrug hinzukommt, können sie für Händler zu einem ernsten Problem werden.
Der Ideenreichtum der Betrüger stellt Händler vor große Herausforderungen und unterstreicht die Notwendigkeit umfassender Schutzmaßnahmen im Retourenmanagement. Hier sind zehn Maßnahmen, mit denen sich Onlinehändler gegen Retourenbetrug wappnen können.
1. Klare und strenge Rückgaberichtlinien implementieren
Eine transparente und durchdachte Rückgabepolitik ist der Grundstein für den Schutz vor Retourenbetrug. Händler sollten genau festlegen, welche Artikel innerhalb welcher Fristen zurückgegeben werden können und welche Dokumente dafür erforderlich sind. Diese Richtlinien müssen klar kommuniziert und konsequent durchgesetzt werden, um Missbrauch vorzubeugen und gleichzeitig ein faires Einkaufserlebnis für ehrliche Kunden zu gewährleisten.
2. Genaue Prüfung der zurückgegebenen Waren
Bei der Annahme von Retouren ist eine sorgfältige Inspektion der Waren unerlässlich. Mitarbeiter sollten geschult werden, genau auf Anzeichen von Gebrauch, Beschädigung oder Manipulation zu achten. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei Produktkategorien, die häufig von Retourenbetrug betroffen sind, wie hochwertige Elektronik oder Designerkleidung. Eine gründliche Prüfung kann dazu beitragen, missbräuchliche Rückgaben zu identifizieren und abzuwehren.
3. Implementierung eines Retourenportals
Ein Retourenportal erfordert von Kunden, vor der Rücksendung eine Genehmigung einzuholen. Dieser zusätzliche Schritt ermöglicht es Händlern, Rückgabemuster zu verfolgen und zu bewerten. So können potenzielle betrügerische Aktivitäten frühzeitig erkannt und verhindert werden. Gleichzeitig bietet es die Möglichkeit, den Rückgabeprozess für legitime Kunden zu optimieren.
4. Analyse von Kauf- und Rückgabemustern
Die systematische Auswertung von Kundendaten kann aufschlussreiche Einblicke in Kauf- und Rückgabeverhalten liefern. Auffällige Muster, wie häufige Rückgaben hochwertiger Artikel oder saisonale Spitzen bei Retouren, können auf potenziellen Betrug hinweisen. Diese Analysen ermöglichen es Händlern, gezielte Präventivmaßnahmen zu ergreifen und Risikokunden zu identifizieren.
5. Integration der Systeme
Eine nahtlose Integration aller relevanten Systeme – von der E-Commerce-Plattform über die Lagerverwaltung bis hin zum CRM und der Zahlungsabwicklung – ist ein effektiver Schutz gegen Retourenbetrug. Echtzeit-Updates verhindern Datenverzögerungen, die von Betrügern ausgenutzt werden könnten. Ein gut integriertes System ermöglicht eine ganzheitliche Sicht auf den Retourenprozess und erleichtert es, Unregelmäßigkeiten zu erkennen.
© IMAGO / Westend61
Das schicke Teil zur Party anziehen und anschließend zurückschicken: Beim sogenannten Kleiderschrank-Betrug nutzen Käufer die großzügigen Rückgabekonditionen vieler Händler aus.
6. Verwendung von fälschungssicheren Etiketten und Verpackungen
Der Einsatz von einzigartigen, schwer zu replizierenden Etiketten oder Siegeln, die beispielsweise Seriennummern, Hologramme oder Sicherheitsmerkmale wie Farbwechsel oder versteckte Markierungen enthalten, kann die Echtheitsprüfung von Retouren erheblich erleichtern. Spezielle Verpackungen, die deutliche Anzeichen von Öffnung oder Manipulation aufweisen, erschweren den Missbrauch. Zusätzlich kann die Dokumentation des Originalzustands der Ware vor dem Versand mittels Fotos oder Videos im Streitfall als Beweismittel dienen.
7. Quittungsüberprüfung implementieren
Wenn Kunden für ihre Retoure einen Kaufbeleg oder einen anderen Nachweis des Kaufs vorlegen müssen, kann es Betrüger davon abhalten, gestohlene oder gefälschte Waren zurückzugeben. Im Idealfall haben Händler einen Prozess implementiert, der mithilfe von Tools wie Barcode- oder QR-Code-Scanning Quittungen überprüft und mit der Auftragsdatenbank abgleicht.
8. Vielretournierer sperren
Kunden, die zu viele Artikel zurückschicken, können Händler das Leben schwerer machen, indem sie beispielsweise die Anzahl der Rückgaben in einem bestimmten Zeitraum begrenzen.
9. Chargebacks anfechten
Händler, die auf Betrug im Zusammenhang mit Rückbuchungen (Chargebacks) stoßen, beispielsweise wenn Kunden gebrauchte Ware zurücksenden und dann ihre Zahlung widerrufen, sollten bei ihrem Zahlungsdienstleister eine Anfechtung einreichen — idealerweise mit passenden Beweisen, die die Forderung unterstützen, wie z. B. Kaufbelege, Sendungsverfolgungsinformationen und Fotos des zurückgegebenen Artikels. Es ist auch hilfreich, die eigenen Rückgaberichtlinien vorzulegen, wenn ein Kunde eine Rückbuchung veranlasst, die gegen die eigenen Bedingungen verstößt.
10. Betrüger anzeigen
Je nach Situation kann es notwendig sein, den Betrug den zuständigen Behörden oder Ermittlungsstellen zu melden. In einigen Fällen können Händler auch rechtliche Schritte gegen Betrüger in Erwägung ziehen. Dies ist jedoch meist der letzte Ausweg, da Strafverfolgung zeitaufwendig und kostspielig sein kann. Händler sollten daher rechtliche Schritte nur erwägen, wenn der Betrug schwerwiegend ist und die Kosten für Anwälte etc. rechtfertigt.
„Betrug von vornherein verhindern“
„Retourenbetrug ist nicht nur ärgerlich. Er kostet Unternehmen Zeit und vor allem auch Geld“, kommentiert Anton Eder, Mitgründer von ParcelLab. „Der beste Weg, mit Retourenbetrug umzugehen, ist, ihn von vornherein zu verhindern. Klare Rückgaberichtlinien, der Einsatz eines Retourenportals und aufmerksame Mitarbeiter schieben vielen Betrugsversuchen schon einen Riegel vor.“