
Krisenfolgen-Abmilderungsgesetz
Während der Covid-19-Pandemie hat der Gesetzgeber die Insolvenzregeln gelockert. Damit ist bald Schluss. Unternehmen und ihre Geschäftsführungen sollten bereits im September genauer in ihre Bücher schauen.
Während der Pandemie hat der Gesetzgeber den Unternehmen – inner- und außerhalb des Handels – mit Finanzhilfen sowie mit schnellen, unkomplizierten Änderungen am Insolvenzrecht geholfen und so manches Firmen-Aus verhindert. Bei Letzterem zieht er nun die Zügel wieder an, weshalb Unternehmen in Schieflage künftig neue Fristen beachten sollten.
Darum geht es: Durch das sanierungs- und insolvenzrechtliche Krisenfolgen-Abmilderungsgesetz, kurz SanInsKG, ist die Insolvenzantragspflicht bei Überschuldung seit dem 9. November 2022 gelockert. Seitdem reicht es, dass ein Unternehmen nachweisen kann, dass es die nächsten vier Monate durchfinanziert ist, um keinen Insolvenzantrag wegen Überschuldung stellen zu müssen. Vor der Anpassung war eine Fortführungsprognose für die nächsten zwölf Monate notwendig. Diese kehrt zum 1. September 2023 de facto zurück, wie unter anderem Jürgen Erbe, Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht bei der Kanzlei Schultze & Braun sagt.
Dem Gesetzestext im SanInsKG zufolge reiche es zwar bis zum 31. Dezember 2023, dass ein Unternehmen die Finanzierung für die nächsten vier Monate nachweisen kann, um einen Insolvenzantrag wegen Überschuldung zu vermeiden, so Erbe. Im Umkehrschluss bedeutet das aber: Wenn für ein Unternehmen zwischen dem 1. September und dem Jahreswechsel feststeht, dass es (unmittelbar) nach dem Auslaufen der viermonatigen Frist überschuldet sein wird, ist dieser Befund mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit für die Überschuldungsprüfung relevant, heißt es in einer Mitteilung von Schutze & Braun.
Haftung bei Insolvenz-Verschleppung
Geschäftsleiter wären in einem solchen Fall verpflichtet, bei der Fortführungsprognose trotz SanInsKG nicht mehr die vier, sondern wieder die zwölf Monate zugrunde zu legen, so der Ratschlag der Juristen. Wenn also bereits klar ist, dass ein Unternehmen für besagten Zeitraum nicht durchfinanziert ist, müssen Geschäftsleiter innerhalb der gesetzlichen Frist einen Insolvenzantrag stellen – gerade auch, um sich vor einer möglichen persönlichen Haftung zu schützen.
Dass die verkürzte Frist für die Fortführungsprognose zwar noch bis zum 31. Dezember 2023 gilt, allerdings bereits schon vor dem Ablauf der Geltungsdauer ihre praktische Relevanz einbüßt, könnte dazu führen, dass die Überschuldung als Insolvenzgrund zunimmt. Häufigster Grund für Insolvenzen ist den Experten zufolge ein Mangel an Geld in der Kasse, also die Zahlungsunfähigkeit. Dann gilt nach wie vor, dass ein Geschäftsleiter innerhalb der gesetzlichen Frist – in der Regel drei Wochen – Insolvenzantrag zu stellen hat.
Dieser Artikel erschien zuerst auf FVW.de.