Höhere Ansprüche und strengere Vorgaben: Nachhaltiges Wirtschaften wird für Onlineshops zu einer Notwendigkeit. Dabei geht es um mehr als um die Ökobilanz der Produkte. Etailment-Experte Fabian Sedlmayr vom Fulfillment-Spezialisten Warehousing1 wirft einen Blick auf die fünf wichtigsten Hebel, mit denen Versandhändler ihr Geschäft umweltfreundlicher gestalten können.
Nachhaltiges Wirtschaften wird für Onlineshops unabdingbar. Dabei geht es nicht mehr nur um hochwertige Produkte. Die gesamte Lieferkette wird von Kunden und Politik unter die Lupe genommen.
Dieser Artikel wirft einen Blick auf die „Big 5“ – die fünf größten Hebel, mit denen die Logistik im E-Commerce nachhaltiger werden kann: Beschaffung, Verpackung, Lagerung, Versand und Retouren. Durch Optimierung dieser Schlüsselbereiche lassen sich nicht nur Umweltbelastungen reduzieren, sondern auch Kosten sparen und die Kundenzufriedenheit nachhaltig steigern.
© IMAGO / Ikon Images
Vom Produktangebot über die Versandverpackung bis zur Lieferung: Im Onlinehandel gibt es zahlreiche Stellschrauben, um die Umweltbilanz zu verbessern.
Beschaffung
Der Weg zur nachhaltigen Beschaffung liegt in der Auswahl der richtigen Produkte und Lieferanten. Um Lieferketten zu verkürzen und somit Transportemissionen einzusparen, sollten lokale Bezugsquellen bevorzugt werden. Dabei muss es nicht immer Deutschland sein, und bereits vermeintlich kleine Schritte können großen Einfluss haben: Die Produktion in Tschechien oder Portugal ist zum Beispiel deutlich nachhaltiger als in China oder Bangladesh.
Zudem sollten sich Lieferanten klar zu umweltfreundlichen Praktiken verpflichten. Dazu zählen zum Beispiel die Nutzung von erneuerbaren Energien und der Respekt von ethischen Standards. Je nach Branche gibt es hier auch Zertifizierungen, die dieses Engagement untermauern.
Verpackung
In Deutschland fielen im Jahr 2020 laut Umweltbundesamt 18,8 Mio. Tonnen an Verpackungsabfällen an. Doch die Verpackungsmittelindustrie ist in Bewegung. Immer mehr Lösungen führen weg von der Einmal-Nutzung und hin zur sorgfältig geführten Kreislaufwirtschaft. Onlineshops steht heute eine große Auswahl an Verpackungen zur Verfügung, die entweder recycle- oder biologisch abbaubar sind und so in den Ressourcenkreislauf zurückkehren können.
Und recycelt wird nicht nur in der Abfallbehandlung, sondern auch direkt im Lager: Gebrauchte Kartons können zum Beispiel zerkleinert und als Füllmaterial für Sendungen genutzt werden. Neben der Nutzung von umweltfreundlichen Materialien gibt es auch innovative Systeme, die Verpackungsmüll reduzieren können. Zum Beispiel um den kleinstmöglichen Karton auszuwählen oder mehrfach nutzbare Versandtaschen.
Lagerung
Ob eigenes Lagerhaus oder externer Dienstleister – die Lagerhaltung eines Unternehmens ist ein großer Hebel für das Thema Nachhaltigkeit. Prinzipiell gilt: Je moderner das Lager aufgebaut ist, desto effizienter nutzt es Ressourcen und desto geringer fallen die CO2-Emissionen aus. Optimierte Transportwege, automatisiertes Pick & Pack mit Packgrößen-Optimierung und volle Nutzung der verfügbaren Lagerfläche – in Breite und Höhe – sind nur einige Beispiele. Ein nachhaltiges Gebäudedesign mit direkter Wasseraufbereitung und eigens produziertem Strom durch Solarzellen trägt zusätzlich zu einer ressourcenschonenden Lagerung bei.
Die Letzte Meile
Auch auf der Letzten Meile, bevor der Kunde endlich die heißersehnte Online-Bestellung in den Händen halten kann, entstehen noch Emissionen, die es zu begrenzen gilt. Einige Versanddienstleister setzen darum auf alternative Zustellmethoden wie Fahrradkuriere oder Elektrofahrzeuge. Um die eingesetzten Ressourcen optimal zu nutzen, kann auf künstliche Intelligenz zurückgegriffen werden. Routen und Lieferzeiten können so basierend auf gesammelten Daten optimiert werden. In größeren Städten gibt es zudem die Möglichkeit, Lieferungen gebündelt in Paketshops oder Schließfächern umweltfreundlich zustellen zu lassen.
© Etailment
Retouren
795.000 Tonnen CO2 oder 6,6 Millionen Autos von Hamburg nach München – das war in Deutschland die geschätzte Umweltbelastung durch Retouren im Jahr 2021. Auch wenn Rücksendungen nicht vollständig vermieden werden können, so gibt es doch Möglichkeiten sie zu minimieren. Einige Versandhändler setzen dafür schon im Shop an: detaillierte Produktinformationen, Größenberatung und hochwertige Produktbilder sind einige recht einfache Beispiele. Doch auch technische Lösungen wie virtuelle Ankleidezimmer gewinnen an Relevanz. Eine Maßnahme, um die Hürde, Artikel zurückzusenden, für Kunden zu erhöhen, ist die Einführung von Gebühren.
Fazit
Nachhaltiges Wirtschaften im E-Commerce ist nicht länger eine Option, sondern eine zwingende Notwendigkeit. Der Blick auf Beschaffung, Verpackung, Lagerung, Last-Mile-Versand und Retouren zeigt, dass eine Optimierung entlang der gesamten Lieferkette nicht nur die Umwelt schützt, sondern auch ökonomisch interessant ist und die Kundenzufriedenheit steigern kann.
Unternehmen, die sich hier durch Investitionen in innovative Technologien, Kooperationen mit umweltbewussten Lieferanten und die Implementierung effizienter Prozesse gezielt verbessern, positionieren sich nicht nur als Vorreiter in Sachen Umweltschutz, sondern stärken auch ihre Wettbewerbsfähigkeit in einer zunehmend nachhaltig denkenden Gesellschaft.