2025 müssen sich Händler vor allem die Frage stellen: Warum sollen Kunden zu mir kommen? Die Antwort wird immer seltener lauten: weil wir die besten Preise haben oder die Auswahl so groß ist. Dieser Wettbewerb ist nicht zu gewinnen. Aber die Antwort könnte lauten: weil meine Freunde hier sind. Wie Händler mit einer eigenen Community Kunden zu Markenbotschaftern machen, beschreibt Etailment-Expertin Marilyn Repp.
Preis und Schnelligkeit machen andere besser, zum Beispiel Amazon oder Temu. Die Frage kann sich ja jeder Händler stellen: Kann ich mit Temu konkurrieren?
Am Ende bleibt die Frage: Was ist mein Markenkern? Warum sollen Menschen zu mir kommen und bei mir kaufen? Das Jahr 2025 wird eines deutlich zeigen: Die Antwort auf diese Fragen wird immer „mensch-zentrierter“. Weil ich jemanden und seine Geschichte, seine Leidenschaften gut finde oder sogar teile. Menschen kaufen von Menschen.
© Rapha
Muster-Beispiel für Community-Building: Der „Cycling Club“ des englischen Radmodehändlers Rapha organisiert Ausfahrten und Veranstaltungen und bringt so Radsportbegeisterte auf der ganzen Welt in lokalen Gruppen zusammen.
Wunsch nach Vertrautheit und Halt
Durch die großen Krisen, die hinter uns liegen und in denen wir uns immer noch befinden, geht der soziale Trend eindeutig zu Verbindung, Halt und Gemeinschaft. Dabei sehen wir immer mehr kleinere Gruppen rund um sehr nischige Themen.
So sind etwa Buchclubs ein großer Trend unter Millenials und der Generation Z. Im Vordergrund stehen immer echte Treffen vor Ort – ein großes Potenzial für den stationären Handel. Ein Beispiel? Der “Race Like Her”-Club in Zürich, eine Community von jungen Frauen, die Oldtimer lieben und sich regelmäßig mit ihren Autos treffen. Selbstverständlich wird alles für Social Media festgehalten, auch um die Fomo (Angst, etwas zu verpassen) bei den Zuschauern zu befeuern.
Solche Clubs sind prädestiniert, um mit Unternehmen desselben Kosmos‘ zu kooperieren. Kluge Unternehmen können solche Communities auch selbst rund um ihre Marke bauen.
Von Audience zu Community
Bislang haben Unternehmen Zuhörerschaften geschaffen, die doch bitte Produkte oder Inhalte konsumieren sollen. Das sind Gruppen, die passiv Inhalte konsumieren, z. B. Leser, Zuschauer oder Follower. Sie reagieren auf die Inhalte, interagieren aber meist wenig untereinander.
Eine Community hingegen ist eine aktiv verbundene Gruppe, die nicht nur Inhalte konsumiert, sondern auch miteinander und mit der Marke oder dem Unternehmen interagiert. In einer Community gibt es Austausch, Unterstützung und oft eine tiefere Bindung zwischen den Mitgliedern.
Beispiel Rapha Cycling Club
Gewonnen hat, wer seine Kundschaft zu Fans und zu Botschaftern macht. So kann man sich teures Marketing sparen: Die eigenen Kunden multiplizieren und empfehlen die Marke. Das geschieht aber nicht über Nacht. Ein tolles Beispiel für eine starke Community im Handel ist der Fahrradbekleidungshersteller und -händler Rapha.
2004 in London gegründet, setzt das Unternehmen vor allem auf Emotionen. Alles wird rund um die gemeinsame Leidenschaft gebaut. Weder bei Youtube, noch auf Instagram werden Produkte gezeigt, es geht auschließlich darum das Radfahren zu feiern.
Um im Rapha Cycling Club Mitglied werden zu dürfen, bezahlen die Mitglieder so viel wie für ein reguläres Fitnessstudio. Ein Loyalty-Programm, für das die Mitglieder auch noch bezahlen? Was für ein Geniestreich! Das ist nur möglich, wenn man echten Mehrwert bietet und von Grund auf überzeugt.
Der Rapha Cycling Club hat in vielen Städten Standorte. Im Zentrum aller Aktivitäten des Clubs steht der Stundenplan, also die gemeinsamen Ausfahrten. Die Stores von Rapha sind immer auch Cafés, also Orte des Austauschs für die Community. Wer den Club verlässt, verlässt seine Freunde. Ein unschlagbares Argument und eine Wunschvorstellung für viele Unternehmen.
Händler müssen lernen zuzuhören
Herausfordernd beim Aufbau von Communities ist allerdings die Veränderung im Mindset. Denn Community bedeutet auch: Kontrolle abgeben und auf Empfangen stellen. Zuhören, hinhören und offen sein, neue Vorschläge und Ansätze aus der Community auch umsetzen. Wer das schafft, ist für die Bedürfnisse junger Generationen gut gerüstet. Denn die erwarten, dass man ihnen zuhört.