Alle reden von Digitalisierung und Omnichannel, doch viele Händler führen ihr Geschäft immer noch mit getrennten – und oft auch noch manuellen – Prozessen. Omnichannel braucht aber eine zentrale digitale Instanz, sagt Dr. Moritz Lukas vom Softwareanbieter Xentral. In diesem Gastbeitrag erklärt er, wie ein ERP-System diese Funktion erfüllen kann.
Die Zeiten, in denen der Handel nur lokale Läden und eigene Onlineshops bedienen musste, sind längst vorbei. Marktplätze wie Amazon sind heute essenziell für Umsätze und Markenwahrnehmung. Gleichzeitig ist es riskant, sich in zu starke Abhängigkeit von einem einzelnen Kanal zu begeben. Vielmehr sollten Händler ihre Verkaufsstrategien diversifizieren und sich breit aufstellen – besonders in Zeiten, in denen stetig neue, potenziell spannende Kanäle hinzukommen.
Immer neue Absatzkanäle und Plattformen bieten Händlern einerseits Chancen, setzen sie andererseits aber auch unter Druck: Steigende Kundenanforderungen, kürzere Lieferzeiten sowie besserer Kundenservice sind nur einige der Herausforderungen.
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Eine dynamische Marktsituation erfordert von Händlern Flexibilität und eine schnelle Reaktion auf Trends.
Eine Multi- oder gar Omnichannel-Strategie birgt also zwar großes Potenzial – erfordert aber auch, alle Vertriebskanäle koordiniert zu steuern, stellt höhere Anforderungen an das Logistik-, Transport- und Retourenmanagement und bedeutet einen größeren organisatorischen Aufwand, bis Handling und Abläufe routiniert ablaufen.
Temu, Shein & Co – Wie geht man mit der Billig-Konkurrenz um?
Mit dem Vordringen von Plattformen wie Temu und Shein treten außerdem neue Wettbewerber auf den Markt. Durch aggressive Preisstrategien und extrem breite Produktsortimente setzen sie den deutschen Handel zunehmend unter Druck.
Zuletzt hatte auch Amazon in den USA einen eigenen Bereich für Billigprodukte aus China eingeführt. Unabhängig davon, ob dieser zeitnah auch nach Deutschland und Europa kommt oder noch auf sich warten lässt: Der hiesige Handel muss sich strategisch überlegen, wie er mit der veränderten Situation umgeht: Versucht er, diese Plattformen ebenfalls zu erschließen und in den Preiskampf zu gehen oder grenzt er sich bewusst ab – etwa durch höhere Qualität, besseren Service, eine starke Marke und Produkte “Made in Europe”?
Service, Lieferzeit und Kundenerlebnis entscheiden immer stärker über den Erfolg
Guter Kundenservice, schnelle Lieferzeiten und ein nahtloses Einkaufserlebnis über alle Kanäle hinweg sind jetzt schon erfolgskritisch – angesichts der Konkurrenz aus China aber bald noch mehr denn je. Mit überwiegend manuellen Prozessen ist das jedoch kaum zu bewältigen. Es braucht Unterstützung, um den Überblick zu behalten. Hier setzen ERP-Systeme an. Als Business-Operations-System stehen sie im Zentrum und bilden das komplette Prozess-Ökosystem eines Händlers ab.
Zudem erfordert die dynamische Marktsituation Flexibilität und eine schnelle Reaktion auf Trends. Ein ERP-System kann helfen, den Herausforderungen gerecht zu werden. Es muss aber einiges leisten.
Kanäle und Prozesse bündeln
Wer sich für einen Multi- oder Omnichannel-Ansatz entscheidet, muss eine Vielzahl von Kanälen im Blick behalten, deren Bestellungen zuverlässig bearbeitet werden müssen. Fehler können in einem so komplexen Setup schnell passieren und teuer werden – so etwa, wenn Produkte beworben und verkauft werden, die nicht mehr auf Lager sind.
Solche Fehler zu vermeiden, bedeutet einen erhöhten Aufwand, nicht nur bei der Verwaltung von Beständen und der Abwicklung von Bestellungen aus unterschiedlichen Portalen, sondern auch beim Versand und Retourenmanagement. Deshalb sollte ein gutes ERP-System alle zentralen Prozesse bündeln und sich einfach an das gesamte Ökosystem eines Händlers anbinden. Dazu zählen eigene Onlineshops und verschiedene Marktplätze ebenso wie Versanddienstleister und Fulfiller oder Payment- und Finance-Anbieter.
Dadurch können alle Business-Prozesse zentral abgebildet und automatisiert werden – beispielsweise die Bearbeitung von Kundenaufträgen, die Verwaltung mehrstufiger Kommissionier- und Versandprozesse, die Rechnungsstellung oder die Lagerverwaltung und automatisierte Erfassung von Retouren. Im Vergleich zu manuellen Prozessen bringt das nicht nur eine erhebliche Zeit- und Kostenersparnis, sondern ist auch deutlich weniger fehleranfällig.
ERP und CRM
Ein modernes ERP-System umfasst auch CRM-Funktionen: So können alle kundenrelevanten Daten erfasst und Prozesse aus den Bereichen Vertrieb, Marketing und Service noch näher am Kunden ausgerichtet werden. Außerdem können Händler direkt aus dem System mit Kunden kommunizieren oder individuelle Angebote erstellen. Diese Personalisierung trägt direkt zur Kundenbindung bei und hilft, sich durch exzellenten Service vom Wettbewerb abzuheben.
Doch die Anforderungen entwickeln sich im Laufe der Zeit weiter – durch Umsatzwachstum oder auch durch das Aufkommen neuer, potenziell spannender Vertriebskanäle. Dabei muss das ERP-System flexibel mitwachsen. Das bedeutet insbesondere, dass Anbieter eine schnelle Integration ermöglichen und entsprechende Möglichkeiten zur Anbindung bereitstellen – und zwar ohne das komplette Setup zu verwerfen oder gar den laufenden Betrieb zu gefährden.
Der Druck auf den Handel wird auch in Zukunft kaum nachlassen. Wer sich möglichst breit und flexibel aufstellt und die neu aufkommenden Vertriebskanäle testet, rüstet sich bestmöglich dafür.