Der Berliner Softwareanbieter Bettermile will den Zustellprozess auf der Letzten Meile durch KI verbessern – und so Frust bei Paketempfängern verringern. Die geodatenbasierte Lösung für Routenplanung und Tracking passt Lieferrouten in Echtzeit an und soll nicht nur Versandkunden glücklich machen, sondern auch den Zustellern das Leben erleichtern.
Bettermile hat das Ziel, Zustellquoten und Tracking auf der Letzten Meile zu optimieren und so den Lieferprozess für Paketempfänger, Logistikunternehmen und Fahrer gleichermaßen zu verbessern. Dafür wurde eine KI- und geodatenbasierte SaaS-Lösung entwickelt, die u.a. Verkehr, Geschäftszeiten, Angaben der Empfänger und das Wissen der Fahrer sowie viel präzisere Geodaten als die üblichen Navigations-Apps berücksichtigt.
Bettermile wurde 2017 ursprünglich als „GLS eCom Lab GmbH“ gegründet und ist aus einem Inkubator des Paketdienstleisters hervorgegangen. Im Etailment-Interview stellt Bettermile-Gründer und -Geschäftsführer Simon Seeger das Start-up vor.
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Bettermile-Gründer Simon Seeger
Mal ehrlich und ohne Buzzwords: Wie würden Sie Ihren Eltern das Start-up erklären?
Der Prozess der Paketzustellung ist oft nicht so fortschrittlich, wie er sein könnte. Man erwartet ein wichtiges Paket und trotz Ankündigung kam der Paketbote nicht, als man zuhause war. Stattdessen liegt im Briefkasten eine Benachrichtigung, dass es im Paketshop abgegeben wurde. Das liegt u.a. daran, dass Routen meist noch immer statisch geplant und nicht kontinuierlich aktualisiert werden. Die Fahrer schaffen die geplante Menge so nicht oder sie verlieren Zeit bei der Suche nach der richtigen Adresse. Die Empfänger haben nur unzureichend Informationen darüber, wo sich ihr Paket befindet.
Unsere Technologie plant die optimale Route für und mit den Fahrern und passt diese in Echtzeit an. Wir können bei der Zustellung bis zu zehn Minuten genau angeben, wann das Paket bei den Empfängern ankommen wird. Davon profitieren auch die Zustellunternehmen, weil sie so viel wirtschaftlicher arbeiten. Für die Fahrer bedeutet das eine enorme Entlastung, denn sie können dank exakter Adressdaten und aktueller Infos für ihre Routen ihre Pakete schneller und leichter zustellen.
Wie beschreiben Sie Ihr Geschäftsmodell einem möglichen Partner in einem Tweet (280 Zeichen)?
#Bettermile optimiert Paketzustellung mit geo-basierter Technologie. Dynamische Routenplanung, Echtzeit-Updates & ein verbessertes Zustellerlebnis machen die Zustellung für Fahrer, Empfänger und Paketdienste zum Gewinn. Let’s orchestrate! #LogistikRevolution #LetzteMeile
Welche Unternehmen/Kunden konnten Sie bereits überzeugen?
Wir sind stolz, dass Bettermile heute, nach dem fünfjährigen Bestehen, bei Paketdiensten in 11 Ländern und bei mehr als 20.000 Fahrern im Einsatz ist. Außerdem freuen wir uns über unsere Partnerschaften mit Zebra, einem führenden Anbieter von Hard- und Software-Lösungen für Zustellunternehmen, und HERE Technologies, einem namhaften Online-Geodatendienst und Navigationsprogrammanbieter. Ein großartiges Projekt haben wir für unseren Kunden GLS und dessen Kunden Borussia Dortmund umgesetzt: Dank der Trio-Kooperation erhalten BVB-Fans, die im Fanshop bestellen, jetzt Echtzeit-Versandinformationen in den Vereinsfarben per Liveticker im Fußballsprech. Der Fußball-Bundesligist bietet seinen Anhängern damit ein authentisches schwarzgelbes Zustell-Erlebnis bis vor die Haustür.
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Höhere Zustellquoten dank KI und präziser Geodaten: Fahrer können Empfängern die Zustellung bis auf zehn Minuten genau ankündigen.
Mit wem würden Sie gerne ins Geschäft kommen?
Die traditionellen Zustellunternehmen haben noch immer großen Bedarf an mehr Produktivität und müssen zugleich den steigenden Anforderungen der Empfänger gerecht werden. Hier gibt es eine ganze Reihe an Paketdiensten, mit denen ein Austausch sehr spannend für uns wäre. Der Markt der letzten Meile ist groß und verändert sich mit neuen Playern wie Liefergrün, Urbify oder Instabox. Dementsprechend sind wir immer an neuen Partnerschaften interessiert. Unsere Tests zeigen, dass die Genauigkeit der Geodaten und die Navigation für Zusteller mit vielen Stopps dieser Anbieter noch erheblich verbessert werden könnte. Aber auch namhafte E-Commerce-Player wie Zalando oder Hello Fresh bauen mittlerweile eigene Zustellflotten auf, und wir bieten Lösungen, um deren Zustellerfahrung zu verbessern.
Was war die wichtigste Erkenntnis seit dem Start?
Wir sind mit dem Ziel gestartet, die Produktivität von Zustelltouren durch Reihenfolgeoptimierung und Fahrer-Navigation zu erhöhen. Erst später haben wir begonnen, die dabei generierten Daten für ein Realtime-Tracking für Empfänger zu nutzen und ermöglichen damit eine sehr gute User-Experience. Heute wissen wir, dass Produktivität und Kundenzufriedenheit Hand in Hand gehen: Die Empfänger sind eher zu Hause und die Übergabezeiten kürzer, was die Zustellfahrer entlastet.
Auf welche Erfolgszahl sind Sie besonders stolz?
Wir verarbeiten aktuell täglich rund 4,5 Mio. Adressdatensätze – die meisten davon in einem knappen Zeitfenster in den frühen Morgenstunden, wenn die Zustellfahrzeuge beladen werden. Dafür sind enorm belastbare und resiliente Systeme notwendig – das ist nur möglich durch hohe Software-Ingenieurskunst. Deswegen bin ich vor allem auf das Bettermile-Team stolz.
Welche Schlagzeile würden Sie gerne in fünf Jahren über Ihr Start-up in einer Wirtschaftszeitung lesen?
“Bettermile – wie KI-gestützte Technologie aus Berlin Zustellfahrer glücklich und Paketdienste weltweit unabhängig von Google und Amazon gemacht hat”
Warum ich ausgerechnet diese Schlagzeile lesen will? Unser Ziel ist es, eine nachhaltige digitale Transformation in der Paketlogistik zu ermöglichen – mit und nicht gegen Menschen. Gleichzeitig werden die digitalen Technologien zunehmend durch die großen Plattformen wie Google, Amazon und Uber kontrolliert. Für Paketdienste besteht dadurch zunehmend die Gefahr, in Abhängigkeit dieser Unternehmen zu geraten, wobei sie weiterhin die operativen Risiken tragen. Wir werden in fünf Jahren die Alternative speziell für Paketdienste sein.