„Buy Now, Pay Later“ gilt als Bezahloption der Zukunft. Zwar hat das EU-Parlament jüngst die Verschärfung der EU-Verbraucherkreditrichtlinie beschlossen. Doch insbesondere im Onlinehandel wäre ein Verzicht auf BNPL kaum sinnvoll. Der-Handel-Autor Jürgen Baltes erklärt warum.
Bei der Generation Z ist es schon gang und gäbe: Gut die Hälfte der jungen Menschen hat schon einmal in Raten gezahlt, wie der Inkasso-Dienstleister Lowell-Group ermittelt hat. Fast jeder Dritte tut dies auch für kleinere Anschaffungen wie Elektrogeräte oder Kleidung. Etwas überraschend: Mehr als ein Drittel hat auch schon einen Kredit aufgenommen. Und ganze 13%, doppelt so viele wie im Bevölkerungsschnitt, wurden bereits einmal gepfändet. Das Fazit der repräsentativen Studie: „Schulden machen ist für die Mehrheit ganz normal.“
Verbraucherschützern ist das Thema denn auch ein Dorn im Auge. Zu leicht verliere man den Überblick. Allenfalls „in Ausnahmefällen“ solle man diese Zahlungsoption daher nutzen. Das Vergleichsportal Verivox warnt ebenfalls: Ratenzahlung mache Einkäufe bis zu 32% teurer.
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„Buy Now, Pay Later“-Angebote beflügeln das Onlinegeschäft vieler Händler.
Und selbst die Bafin, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, sieht sich bemüßigt, auf die Risiken hinzuweisen. Die Gefahr: Für Beträge unter 200 Euro gebe es bislang „keinen besonderen darlehensrechtlichen Verbraucherschutz“. Ob man sich die Dinge leisten könne, liege hier ausschließlich im Ermessen des Käufers. Studien zufolge liegen drei Viertel aller BNPL-Käufe unter 200 Euro.
EU arbeitet an der Regulierung
Doch genau dies soll sich nach dem Willen der EU ändern. Im September hat das EU-Parlament der Verschärfung der EU-Verbraucherkreditrichtlinie zugestimmt. Künftig sollen zahlreiche Anforderungen, etwa Bonitätsprüfung und Informationspflichten, unter anderem auch für Kleinkredite und Kaufpreisfinanzierungen bis 200 Euro gelten. Für Rechnungskäufe sind Ausnahmen geplant (14/50 Tage Zahlungsziel, keine Kosten, eigenes Angebot).
Nach Veröffentlichung muss die Richtlinie innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt, innerhalb von drei Jahren angewandt werden. Relevant dürfte sie hierzulande vermutlich 2026 werden.
Voraussichtlich wird dies BNPL ein wenig verteuern, aufwendiger machen und vielleicht auch die Customer-Journey etwas erschweren. Ausbremsen dürfte es die Bezahloption aber nicht. Im Gegenteil: Die Idee entwickelt sich so dynamisch, dass sie im Mutterland USA bereits anfängt, das Kreditkartengeschäft zu kannibalisieren. Immer mehr Amerikaner, die gerne auf Pump kaufen, nutzen BNPL-Apps statt der traditionellen Kreditkarte.
BNPL wächst extrem schnell
Doch wie wichtig ist das BNPL-Geschäft überhaupt hierzulande? Der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (BEVH) hat dazu seine ganzjährige Verbraucherbefragung unter 40.000 Onlinekäufern analysiert und kommt auf einen Ratenkauf-Anteil von 1,9% aller Bestellungen, in der Generation Z auf 2,8%. Der Großteil der Kunden bezahle „klassisch“, heißt es. BNPL à la Klarna stehe also „noch ganz am Anfang“.
Die Analyse des Berliner Finanzdienstleisters Ratepay, der ebenfalls Ratenzahlungen anbietet, klingt da etwas anders. Der globale BNPL-Boom im E-Commerce habe 2016 eingesetzt, heißt es. Der Marktanteil sei bis 2021 auf 3% gewachsen. Doch das sei erst der Anfang. Bis 2028 werden hierzulande jährliche Zuwächse von 24% prognostiziert. In Europa soll BNPL gar auf 30% der E-Commerce-Ausgaben wachsen.
Ratenkauf beflügelt Online
Eines steht indes fest: Der automatisierte Ratenkauf beflügelt das Online-Geschäft deutlich. Einer Deloitte-Umfrage zufolge kaufen 68% der Kunden mit BNPL-Option mehr als ohne. Im jüngsten BNPL-Whitepaper von Syngenio heißt es, die „plötzliche Erschwinglichkeit“ von Waren führe zu einer 30% höheren Konversionsrate und 40%-iger Umsatzsteigerung beim Händler. Weitere Vorteile sieht das Digital-Payment-Beratungshaus in Kundenbindung und Customer-Journey. Zudem könnten Shopbetreiber das Ausfallrisiko eliminieren und nicht zuletzt durch Listung etwa bei Klarna neue Kundengruppen erschließen.
Kein Wunder, dass neben den Payment-Service-Providern (PSP) nun auch etliche Banken in den Startlöchern stehen, die den Trend anfangs offenbar etwas verschlafen haben. Im Zuge einer härteren EU-Regulierung dürften sie nun von ihrer Erfahrung in Bonitätsprüfung und Kreditabwicklung gegenüber den jungen Fintech-Mitbewerbern profitieren, glauben Experten.
Kein Modell für stationäre Händler
Das Fazit von Syngenio: BNPL-Angebote haben sich auf breiter Front etabliert und werden auch in Zukunft zum Spektrum der Finanzdienstleistungen gehören. Nun liege es an den Unternehmen, BNPL für sich zu nutzen.
Das dürfte vor allem für den Onlinehandel gelten. Im stationären Handel sieht Matthias Müller von der Münchner Beratung Dr. Wieselhuber & Partner eher wenig Chancen. „Zwei Prozent Gewinn nach Steuern sind für stationäre Händler schon viel“, so der Berater. Müsse man diese dann für den Service von BNPL-Anbietern ausgeben, lande man schnell im Minus. Und ob Kunden, die ohnehin schon im Laden sind, mit Kredit eher kaufen als ohne? „Ich glaube, das ist an der Stelle kein wirklich schlaues Modell“, so Müllers Urteil.
Im Onlinehandel ist der Verzicht auf BNPL für den E-Commerce-Dienstleister Capterra jedenfalls keine Option – vor allem, wenn es um „nicht essenzielle Produkte“ geht, die sich „an jüngere Verbraucher“ richten. Gleichzeitig legen die Berater Onlinehändlern aber ans Herz, darüber „so transparent wie möglich“ zu informieren.
Das wünschen sich offenbar auch die Kunden selbst. Die Mehrheit der von Capterra befragten Onlinekäufer – BNPL- ebenso wie Nicht-BNPL-Kunden – wünscht sich sogar eine stärkere Regulierung der Bezahlmethode, etwa mittels Ausgabelimits, Kreditprüfung oder auch Altersgrenzen.