Die Art und Weise, wie Menschen einkaufen und bezahlen, verändert sich, digitale Geldbörsen werden bei Verbrauchern immer beliebter. Wie sich dies auf die Konversionsraten auswirken kann und worauf Händler bei der Integration digitaler Wallets achten sollten, erklärt Felix Huhn vom Zahlungsdienstleister Unzer in diesem Gastbeitrag.
Im Jahr 2022 gab es eine bemerkenswerte Wende bei den Zahlungsarten im E-Commerce: Paypal löste den Rechnungskauf als umsatzstärkstes Zahlungsmittel ab und macht mittlerweile fast 30% aller Online-Transaktionen in Deutschland aus. Das zeigt die jüngste Payment-Studie des Handelsforschungsinstituts EHI für das Jahr 2023.
Auch im stationären Einzelhandel setzt sich der Trend zum kontaktlosen Bezahlen über digitale Geldbörsen fort. Laut EHI hat sich der Anteil der Wallet-Zahlungen im Jahresvergleich fast verdoppelt, auch wenn er mit etwas über 5% noch einen relativ kleinen Teil des Gesamtumsatzes ausmacht. Doch was sind digitale Geldbörsen überhaupt und warum sind sie so beliebt?

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Der Anteil der Wallet-Zahlungen am Gesamtumsatz des stationären Handels liegt zwar noch im einstelligen Bereich, hat sich aber im Jahresvergleich laut EHI fast verdoppelt.
Von der App bis zur Kasse: So funktionieren Wallets
Technisch gesehen sind Wallets spezielle Softwareanwendungen, welche Karteninformationen digital sicher speichern und berechtigten Benutzern Zugriff darauf gewähren. Meistens handelt es sich dabei um mobile Apps auf dem Smartphone, doch einige Dienste lassen sich auch ganz normal am PC oder Notebook nutzen. Zu den bekanntesten digitalen Wallets gehören Apple Pay, Google Wallet (Google Pay), Amazon Pay, Alipay und eben Paypal.
Um Zahlungen über eine digitale Geldbörse zu tätigen, gibt es zwei Methoden: Nutzer können ihre Bankkarten mit dem Wallet verknüpfen, wodurch Beträge direkt vom Konto abgebucht werden, oder sie laden vorab Guthaben auf das Wallet, wodurch nur das eingezahlte Geld ausgegeben werden kann.
Der Bezahlvorgang ist offline wie online fast identisch. Der Kunde aktiviert das Wallet und identifiziert sich, indem er beispielsweise ein Passwort eingibt oder sich über Fingerabdruck oder Gesichtserkennung authentifiziert. Anschließend kommuniziert das Smartphone des Kunden über die Nahfeldkommunikation, kurz NFC, mit dem Zahlungssystem des Verkäufers. (Bei Paypal geht das so noch nicht, hier ist ein QR-Code erforderlich.) Die sensiblen Zahlungsdaten werden verschlüsselt übertragen – ein Verfahren, das als „Tokenization“ bekannt ist. Online, etwa über den Browser, ist der Prozess ähnlich; der Hauptunterschied liegt lediglich in der Art der Kommunikation, da NFC hier nicht benötigt wird.
Schneller Kaufabschluss, höhere Konversionsraten
Das Vertrauen in digitale Wallets ist hoch, und dies aus mehreren Gründen. Wallets sind einfach zu bedienen und bieten teilweise einen zusätzlichen Käuferschutz. Sie beschleunigen den Checkout-Prozess im E-Commerce, da Kreditkartendaten wie Kartennummer, Gültigkeitsdatum und Prüfziffer entfallen. Zudem sind Wallets vielseitig und bündeln oft mehrere Zahlungsmethoden, von der Lastschrift über Ratenzahlung bis hin zur Möglichkeit, mehrere Kreditkarten zu hinterlegen.
Doch auch aus Händlersicht bieten Wallets Vorzüge. Ein großer Vorteil ist eine höhere Conversion-Rate: Weil Kunden ihre Zahlungsdaten nicht mehr manuell eingeben müssen, schließen sie den Kauf eher ab. Durch die Tokenization, bei der echte Zahlungsdaten durch einen einmal verwendbaren Token ersetzt werden, sinkt das Risiko von Datenmissbrauch und Betrug. Wallets sind genauso sicher wie Kreditkarten.
Zudem ermöglichen digitale Wallets den Zugang zu internationalen Märkten, da sie viele Währungen unterstützen und weltweit genutzt werden können. Dies eröffnet Händlern die Chance, ihre Produkte und Dienstleistungen einem globalen Publikum anzubieten.
Direkte und indirekte Kosten
Trotz dieser Vorzüge gibt es auch Bedenken. Etwa eignen sich Wallets nicht für alle Zielgruppen. Besonders ältere Kunden bevorzugen den vertrauten Rechnungskauf auf Papier. Hinzu kommt die Sorge um hohe Kosten. Doch hier lohnt ein genauer Blick: Digitale Zahlungen sind effizienter und können daher zu Einsparungen führen, die die Gebühren bei Weitem übersteigen. Beispielsweise verursacht Bargeld beträchtliche indirekte Kosten, da es gezählt, verwaltet, eingezahlt und transportiert werden muss.
Ein digitaler Zahlungsprozess ist zudem deutlich schneller abgewickelt als das händische Kassieren, was im stationären Handel zu höherer Durchlaufgeschwindigkeit an der Kasse führt. Vor allem aber bieten Wallets dem Kunden mehr Komfort. Es ist daher ein Umdenken notwendig, das den Blick über die direkten Kosten hinaus auf das Gesamtbild der Wirtschaftlichkeit und Kundenbindung richtet.
Deutsche nutzen Paypal, Schweden Swish und Polen Blik
Unternehmen, die in der heutigen wettbewerbsintensiven Handelslandschaft erfolgreich sein wollen, sollten diesen Trend berücksichtigen und Zahlungen mit digitalen Wallets akzeptieren, sei es nun stationär oder online.
Die einfachste Methode zum Akzeptieren von digitalen Wallet-Zahlungen ist die Auswahl eines Zahlungspartners, der die Integration von digitalen Wallets unterstützt. Gerade für kleine und mittlere Betriebe ist dies oft sinnvoller, als sich alleine durch den Zahlungsdschungel zu kämpfen. Das hat den Vorteil, dass sich Händler nicht für jeden Dienst separat anmelden und ihn integrieren müssen.
Denn je nach Land bevorzugen Menschen in Europa ganz unterschiedliche Wallets. So setzen die Deutschen und Franzosen auf Paypal, die Niederländer bevorzugen iDEAL und die Portugiesen das Wallet MB WAY von Multibanco. In Dänemark (Mobilpay), Schweden (Swish) und Polen (Blik) stehen den Menschen dagegen mobile Zahlungs-Apps für Smartphones zur Verfügung, die kein Wallet benötigen.
Ein Blick nach Asien zeigt das Potenzial
Digitale Wallets stehen erst am Anfang ihrer Entwicklung und ihr Potenzial ist groß. Es zeichnet sich ab, dass Wallets ihr Angebot auf bankennahe Dienstleistungen ausweiten, von Krediten und Investitionsmöglichkeiten über Versicherungen bis zu Kryptowährungen. Künftig könnten Wallets auch Gesundheitsdaten und Ausweisdokumente verwalten.
Wer einen Blick nach Asien wirft, findet dort mit den chinesischen Apps Alipay und Wechat schon heute zwei digitale Geldbörsen, die weit über das Bezahlen hinausgehen und Dienste wie Essenslieferungen, Taxi-Bestellungen, Hotelbuchungen, Aktienhandel oder Onlineshopping bieten.
Natürlich sind mit solchen Entwicklungen auch Herausforderungen verbunden, insbesondere im Hinblick auf Datenschutz und Regulierung. Doch die Möglichkeiten sind klar erkennbar und könnten die Landschaft des digitalen Handels nachhaltig prägen. Die Zukunft der digitalen Wallets verspricht also spannend zu werden.