Dass zukünftig kaum ein Weg an digitalen Tools und Strategien vorbeiführt, ist mittlerweile bekannt. Die afz-Redakteurin und E-Commerce-Spezialistin Sybille Roemer erklärt Foodhandwerkern und auch anderen Händlern in ihrem praxisnahen Fachbuch „Der smarte Metzger“, in welchen Bereichen sich die smarte Digitalisierung für sie auszahlen kann. In diesem Deep Dive geht es speziell um den Aufbau eines erfolgreichen Webshops, vor allem als Ergänzung für stationäre Händler.
Auch und gerade der Webshop als Distanz-Verkaufskanal muss die Botschaft des Händlers transportieren. Das gilt für die äußere Anmutung („Look & Feel“) und die inneren Werte, also die Technologie, gleichermaßen. Denn dem Kunden ist der Kanal egal: Er erwartet auch im Webshop den Service und die Beratung, die er von der Filiale gewohnt ist.
Wichtig: Wie bei der Website ist auch beim Webshop maßgeblich, dass sich der Serverstandort des Hosting-Anbieters in Deutschland befindet!
Hierzulande ist die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ein wichtiges Thema. Die sensiblen Kundendaten sollte man daher keinesfalls auf Servern im Ausland lagern. Das kann nicht nur zu Problemen mit dem Datenschutz führen, sondern auch für Misstrauen bei den Besuchern und Kunden sorgen. Das Rechenzentrum des Webshop-Host-Anbieters, das alle kundenspezifischen Daten beherbergt, sollte daher in Deutschland stehen.
Shop-Software
Die Webshop-Software als technisches Grundgerüst für den Internetshop ist das Herzstück, das alle Anwendungen wie beispielsweise Produktdatenbank, Warenwirtschaftssystem und Kundenkonten verbindet. Dabei muss der Onlineverkäufer in spe auch hier das Rad nicht neu erfinden: Er kann auf bereits vorhandene Shop-Software zurückgreifen, um seinen virtuellen Laden aufzumachen. Dazu kann er Standardsoftware mieten, auf sogenannte Open-Source-Entwicklungen zurückgreifen oder über (regionale) Online-Marktplätze verkaufen. Auch hier ist es ratsam, sich die Hilfe einer kompetenten und unabhängigen IT-Beratung zu suchen.
Um die Anforderungen an einen eigenen Webshop formulieren zu können, schadet es nicht, vorab einen Blick auf die Shops der Konkurrenz zu werfen: Der eigene Shop sollte mindestens eine ähnliche Leistung und Funktionalitäten bringen wie die der Wettbewerber. Die Umsetzung der Botschaft und das Storytelling ist dann das individuelle Element, das den eigenen Shop von der Konkurrenz abhebt.
Benutzerfreundlichkeit (engl. Usability) ist das A und O eines guten Onlineshops. Er sollte klar strukturiert und intuitiv zu bedienen sein – auch und gerade für Nutzer, die ihn das erste Mal besuchen. Wie „gebrauchstauglich“ eine Software ist, ist in der internationalen Norm EN ISO 9241 festgelegt. Im Teil 11 des Standards werden dazu drei Leitkriterien festgelegt: Die Effektivität zur Bewältigung einer Aufgabe, die Effizienz bei der Handhabung des Systems sowie die Zufriedenheit der Nutzer. Zudem erreicht der Webshop eine breitere Zielgruppe, wenn er barrierefrei konzipiert ist.
Eigenentwicklung
Wer Herr oder Herrin im eigenen Haus sein will und Wert auf individuelle Gestaltung und Geschäftsprozesse legt, kann sich einen eigenen Webshop bauen lassen.
Vorteile: Der Shop ist individuell gestaltet und auf die eigenen Geschäftsprozesse zugeschnitten.
Nachteile: Hohe Kosten und technisches Know-how nötig.
Kauflösung
Kauflösungen bieten in aller Regel umfassende Funktionen und sind vergleichsweise einfach zu bedienen. Die Software-Anbieter übernehmen zudem die Installation und die Beratung. Welche weiteren Kosten für Installation, Beratung und die Anpassung an die individuellen Bedürfnisse hinzukommen, sollte der Unternehmer im Vorfeld klären.
Vorteile: Es gibt viele Funktionen und es ist wenig technisches Know-how nötig.
Nachteil: Die Kosten, auch mittel- und langfristig, sind vergleichsweise hoch.
Open Source
Bei Open-Source-Software, englisch für „offene Quelle“, ist der Programmiertext öffentlich zugänglich und die Software selbst kostet nichts. Das Einrichten, Anpassen, die Wartung und Entwicklung spezieller Funktionen müssen die Verkäufer selbst übernehmen oder Dienstleister damit beauftragen.
Vorteile: Kostenlose Anschaffung und die Unabhängigkeit von Softwareherstellern. Durch die große Open-Source-Gemeinde sind viele Funktionen schon programmiert und Probleme werden schnell behoben – durch beispielsweise in Arbeitsforen und speziellen Plattformen organisierte Programmierer aus aller Welt rund um die Uhr, sieben Tage in der Woche („24/7“).
Nachteil: Auch hier ist technisches Know-how erforderlich.
Miet-Webshop
Mit gemieteten Webshops können Händler schnell und preiswert in den Onlinehandel einsteigen. Die wichtigsten Funktionen sind in der Standardsoftware abgebildet und können in gewissem Rahmen individuell an die jeweiligen Anforderungen angepasst werden. Bei der Einrichtung eines Mietmodell-Webshops kann man in aller Regel auf ortsnahe Freelancer zurückgreifen, die sich auf die jeweilige Software spezialisiert haben. Neben den meist überschaubaren Investitionskosten sind beim Webshop „von der Stange“ die monatliche Kostenkontrolle und die vergleichsweise einfache Bedienung beim (rechtssicheren) Einrichten und dem späteren Unterhalt ein Pluspunkt. Durch regelmäßige Updates ist er zudem immer aktuell. Zwar gibt es bei dem Mietmodell weniger Gestaltungsfreiheit, da man auf die Funktionen angewiesen ist, die angeboten werden. Allerdings bilden inzwischen einige Anbieter die Besonderheiten, die das Foodhandwerk beim Distanzverkauf hat, auch in ihrer Miet-Software ab. Technisch und rechtlich ist ein Miet-Webshop immer „up to date“, weil entsprechende Änderungen in der Software regelmäßig aktualisiert werden.
Vorteile: Geringere einmalige Kosten, monatliche Kostenkontrolle, vergleichsweise einfache Bedienung, wenig technisches Know-how nötig, Aktualität.
Nachteile: Geringe Gestaltungsfreiheit, geringerer Funktionsumfang.
Schnittstellen
Egal, ob Marke Eigenbau oder zur Miete: Webshop-Software wird erst durch Schnittstellen smart, den logischen Berührungspunkten zu anderen Softwaresystemen, die den Austausch von Kommandos und Daten zwischen verschiedenen Prozessen und Komponenten regeln. Unabdingbar ist die Vernetzung mit dem Kassen- und Warenwirtschaftssystem. So weiß beispielsweise nicht nur jeder im Team, welches Produkt wo im Unternehmen noch vorhanden ist, sondern auch die Integration der Abholung von (Online-)Bestellungen lässt sich einfach managen.
Ein Click&Collect-Vorbestellsystem, bei dem der Kunde seine Onlinebestellung in der Filiale abholt und vor Ort bezahlt, sollte ebenso einfach in der Software eingebunden sein wie verschiedene Online-Bezahloptionen oder die Versandanbindung. Dazu zählt im Foodhandwerk beispielsweise auch die Kategorisierung der Bestellung nach der erforderlichen Versandart wie gekühlter oder tiefgekühlter Ware.
Darüber hinaus sind Schnittstellen zu Logistikanbietern und sogenannten Fulfillmentservices wichtig. Fulfillment („Auftragsabwicklung“) beschreibt in der Logistik alle Prozesse, die im Hintergrund ablaufen und ein Kaufgeschäft abwickeln, also von der Lagerhaltung über die Auslieferung bis zu möglichen Retouren, dem Debitorenmanagement, der Kommissionierung und eventuell dem Zoll. Entsprechende Dienstleister können diese Services abbilden und dem Versender einen Teil der logistischen Prozesse erleichtern. Je nach Geschäftsmodell sollte der Webshop möglicherweise auch Funktionen zur individuellen Geschäftskundenbetreuung und Cateringaufträge abbilden.
Gütesiegel
Wenn sich Händler zertifizieren lassen, sind sie technisch und rechtlich auf der sicheren Seite. Mit Gütesiegeln wie „EHI Geprüfter Online-Shop“, „Trusted Shop“, „TÜV Süd Safer Shopping“ oder „Internet Privacy Standards“ fassen Verbraucher schneller Vertrauen: Jeder zweite Internetnutzer findet den Kauf in einem Onlineshop mit Gütesiegel sicherer als in einem Shop ohne Siegel. Und jeder fünfte zieht bei vergleichbaren Webshops denjenigen mit einem Siegel vor, zeigt eine Umfrage von Splendid Research.
Zudem werden „vertrauenswürdige“ Onlinehändler in den Suchmaschinen besser gefunden, werben die Anbieter von Gütesiegeln. Die jeweiligen Zertifizierungsstellen überprüfen die Onlineshops regelmäßig, sodass der Verkäufer vergleichsweise schnell eine Rückmeldung bekommt, wenn er beispielsweise neue gesetzliche Änderungen noch nicht in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen berücksichtigt hat.
Dabei hört sich „Zertifizierung“ aufwendiger und zeitraubender an, als es dann wirklich ist. Die Siegelvergabe gliedert sich grob gesagt in drei Schritte:
1. Vorbereitung: Der Siegel-Anbieter schickt ein erstes Prüfungsprotokoll mit gängigen Schwachstellen der Onlineshops, die der Webshopbetreiber meist einfach selbst beheben kann.
2. Prüfung und Nachbesserung: Die Zertifizierungsstelle prüft den Webshop und erstellt ein Prüfungsprotokoll: Das gibt Auskunft darüber, inwieweit der Webshop den jeweiligen Qualitätskriterien entspricht und wo noch Verbesserungen nötig sind. Der Onlinemetzger setzt die noch offenen Punkte um – wenn nötig mithilfe des Siegelanbieters.
3. Abnahme und Freischaltung: Wenn alle Unklarheiten beseitigt sind, prüft der Siegelanbieter die noch offenen Punkte und der Betreiber kann das Gütesiegel nach der erfolgreichen Abnahme in den nun zertifizierten Webshop einbinden.
Tipp: Der gemeinnützige Verein Initiative D21 (www.internet-guetesiegel.de), der unter anderem vom Bundesjustizministerium unterstützt wird, empfiehlt folgende Gütesiegel:
● EHI Geprüfter Online-Shop: www.shopinfo.net
● Trusted Shops: www.trustedshops.de
● Internet Privacy Standards (ips): www.datenschutz-cert.de
Das Fachbuch „Der smarte Metzger“ ist erhältlich über www.dfv-fachbuch.de
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Der smarte Metzger: Digitale Tools & Strategien für das Foodhandwerk