Das Göttinger Start-up Grünfuchs will den innerstädtischen Einzelhandel stärken, indem es Kunden die Ware nach dem Einkauf nach Hause liefert. So soll der Stadtbummel bequemer und auch für ältere Menschen wieder attraktiver werden. Mit der schnellen Lieferung spätestens am Folgetag, die Grünfuchs auch für Bestellungen per Telefon, E-Mail oder Onlineshop anbietet, sollen lokale Händler im Wettbewerb mit Amazon & Co. besser bestehen. Eine Ausweitung des Göttinger Pilotprojektes auf andere Städte ist bereits in Planung.
Gerade ältere Menschen verzichten bisweilen auf den Einkauf im stationären Handel, weil sie die Waren nicht mehr nach Hause tragen wollen oder können. Hier setzt das Göttinger Start-up Grünfuchs an. Gründer Felix Dossmann will mit seiner Dienstleistung unbeschwertes Einkaufen in der City ermöglichen – und lokalen Händler helfen, im Wettbewerb mit den großen Onlineanbietern zu bestehen.
Und so funktioniert der Service: Der Händler versieht die gekaufte Ware mit einem Grünfuchs-Etikett, notiert darauf die Kundenadresse und wählt dann über ein Smartphone in der Grünfuchs-App einen Abholzeitpunkt. Grünfuchs holt die Einkäufe ab, bündelt sie und liefert direkt wieder aus. Geliefert wird am gleichen oder spätestens dem Folgetag mit Lastenfahrrädern im gesamten Stadtgebiet von Göttingen. Je nach Entfernung kostet das zwischen drei und fünf Euro, die meist die Händler für die Kunden übernehmen.

© Grünfuchs
Grünfuchs-Gründer Felix Dossmann
„Dark Store“ als Regalverlängerung
Auch die Auslieferung von Bestellungen per Telefon, Webshop oder Instagram übernimmt Dossmanns Start-up für lokale Händler. Sendungen an Kunden aus Göttingen verteilt Grünfuchs selbst, Pakete für Adressaten von außerhalb werden im Ladengeschäft bzw. Lager abgeholt und dem gewünschten Paketdienstleister übergeben. Der Händler spart sich so den Weg zum Versand oder das Warten auf mehrere Abholer.
In Göttingen unterhält Grünfuchs auch einen sogenannten „Darkstore“, in dem Händler Ware einlagern können, um bisherige Lagerfläche als Verkaufsfläche nutzen oder ihr Regal „verlängern“ zu können. Wenn Kunden sich im Ladengeschäft einen bestimmten Artikel aussuchen, liefert Grünfuchs ihn noch am gleichen Tag aus dem „dunklen Lager“ direkt zu ihm nach Hause.
Am Göttinger Pilotprojekt beteiligen sich bereits mehr als 100 lokale Handelsunternehmen. Grünfuchs bereitet sich derzeit darauf vor, den Dienst auch in anderen Städten anzubieten – u.a. in Hamburg, Berlin, Leipzig und Magdeburg. Im Etailment-Interview stellt Gründer Felix Dossmann sein Unternehmen vor.
Mal ehrlich und ohne Buzzwords: Wie würden Sie Ihren Eltern das Start-up erklären?
Grünfuchs holt Waren bei lokalen Einzelhändlern ab und bringt diese den Kunden noch am gleichen Tag nach Hause. Zudem holen wir beliebige Retouren an der Haustür der Kunden ab, sodass niemand mehr mit dem Auto zu zwei Paketshops fahren muss. Weil wir diese Sendungen mit der Lieferung „klassischer“ Paketdienste bündeln und mit viel Einsatz von Apps und Software die Routen optimieren, lässt sich damit Geld verdienen. Und weil wir nur mit lokal emissionsfreien Lastenfahrrädern und E-Vans fahren, sind wir auch noch gut für die Umwelt.

© Grünfuchs
Lastenräder übernehmen bei Grünfuchs die Letzte Meile vom Ladengeschäft bis zum Kunden nach Hause.
Wie beschreiben Sie Ihr Geschäftsmodell einem möglichen Partner in einem Tweet (280 Zeichen)?
Grünfuchs macht den lokalen Handel schneller als Amazon. Unsere KI-Tools, von den Händler- und Endkunden-Apps bis zur ersten Micro-Sortierungsanlage für die letzte Meile, erlauben es uns wirtschaftlich erfolgreich, lokal emissionsfrei & schnell zu liefern. nachhaltig.lokal.schlau.
Welche Unternehmen/Kunden konnten Sie bereits überzeugen?
Wir führen gute Kundenbeziehungen mit Galeria, Vom Fass, Thalia, Citipost Göttingen, MäcGeiz und vielen weiteren lokalen Händlern und Produzenten.
Mit wem würden Sie gerne ins Geschäft kommen?
Als nächstes sollten Rituals, Butlers, Depot, Rossmann, DM und Drogerie Müller dazu kommen – im Endeffekt alle Einzelhandelsunternehmen, die sich in unseren Innenstädten finden lassen.
Was war die wichtigste Erkenntnis seit dem Start?
Es lohnt sich außerordentlich, seine Kunden immer und immer wieder zu befragen, was man noch anders machen könnte. Dann kommen dabei so wunderbare Ideen heraus wie ein CO₂-Patronen-Service für Wassersprudler in Büros oder regelmäßige Lieferungen für Artikel des täglichen Bedarfs.
Auf welche Erfolgszahl sind Sie besonders stolz?
30.000. In unserem Microhub in Göttingen haben wir innerhalb des letzten halben Jahres rund 30.000 Sendungen für lokale Göttinger Einzelhändler verpackt und versendet. Es beweist, dass ein lokales Geschäft mit gutem Onlineshop auch über seine Region hinaus erfolgreich sein kann, wenn die logistischen Prozesse stimmen.
Welche Schlagzeile würden Sie gerne in fünf Jahren über Ihr Start-up in einer Wirtschaftszeitung lesen?
„Grünfuchs revolutioniert die Letzte Meile in Europa: emissionsfrei, werteorientiert und wertschätzend“